ELTIF – der neue Milliardenmarkt
Vor Jahrzehnten titelte EXXECNEWS-Herausgeber Dr. Dieter E. Jansen seine Kolumne in der „WiWo“, der „Wirtschaftswoche“, mit „Violà, ein neuer Markt!“ Er hatte Recht. Der Markt für außerbörsliche Kapitalanlagen in Sachwerte wie beispielsweise Immobilien war geboren.
Dieser Markt war nicht reglementiert. Seine Protagonisten waren vielfach keine arrivierten Finanzdienstleister. Eigentlich konnte jeder Kapital einwerben. Nur langsam schuf der Markt seine eigenen Regeln. Was nicht viel geholfen hat. Mit seinen vielen Höhen und Tiefen, mit seinen Anlageerfolgen einerseits und seinen Pleiten andererseits, bekam er bald das Attribut „grauer Kapitalmarkt“ – wurde das Schmuddelkind der Kapitalanlage.
Vieles hat sich auf diesem Markt geändert – spätestens seit 2013 mit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Geschlossene Fonds – jetzt alternative Investmentfonds (AIF) genannt – sind heute ein (zwar kleiner und überschaubarer) Teil des geregelten „großen Kapitalmarktes“ und professioneller geworden.
2015 kreierte die Kommission der Europäischen Union ein neues Anlage-Vehikel, den „European Long Term Investment Fund“ – kurz: ELTIF. Mit ihm sollte das dringend benötigte Kapital – privates Kapital – für die großen Herausforderungen unserer Tage aktiviert werden – für die Transformation der Wirtschaft, für Investitionen in Erneuerbare Energien, für den Ausbau der Infrastruktur. Gedacht war dabei vorrangig an institutionelle Investoren und besonders vermögende Privatanleger. Mit nur marginalen Investments spielte dieses Vehikel aber am Kapitalmarkt bislang allenfalls ein Schattendasein. Neues Leben soll ihm seit Anfang dieses Jahres durch sein runderneuertes Regelwerk – durch „ELTIF 2.0“ – mit der Öffnung für das breite Anlegerpublikum eingehaucht werden.
Diesen Neustart des ELTIF-Marktes begrüßte ich mit der Übernahme der schon klassischen Schlagzeile von Jansen: „Voilà, ein neuer Markt!“ Hatte ich damit Recht? Jein! Der ELTIF-Markt ist neu, zeigt aber auch viel Bekanntes. Außerbörsliche Sachwert-Anlagen werden heute halt „alternative Investments“ oder „Investments in Private Markets“ genannt. Die Fondsvolumina haben sich drastisch erhöht. Schon weil ELTIF-Fonds europaweit platziert werden können und sich damit der Absatzmarkt vergrößert hat. Nationale, lokale Anbieter von Kapitalanlagen werden verdrängt durch international aufgestellte Finanzdienstleister. Geblieben ist die Betonung der eher wertstabilen Sachwert-Anlage als Ergänzung zu volatilen Aktien-Investments.
Die Erwartungen an diesen „neuen Markt“, an den ELTIF 2.0-Markt, sind groß. Zwar dümpelte das Investmentvolumen der ELTIFs in den vergangenen Jahren gerade mal bei vier bis sechs Milliarden Euro. So die Association of the Luxembourg Fund Industry (ALFI), die einen guten Überblick hat, da ein Großteil der ELTIFs eben in Luxembourg domiziliert ist. Aber die internationale Alternative Investment Management Association (AIMA) schätzt, dass das Vermögen in ELTIFs innerhalb von fünf Jahren die Marke von 100 Milliarden Euro überschreiten könnte. Das Analyse-Unternehmen Scope Analysis geht von einem ELTIF-Volumen bis Ende 2026 in Höhe von 30 bis 35 Milliarden Euro aus. Auch der europäische Fondsverband EFAMA European Fund and Asset Management Association hat keinen Zweifel am Erfolg des ELTIF 2.0-Regimes: Innerhalb kurzer Zeit sind die Assets under Management (AuM) der ELTIFs von 2,7 Milliarden Euro auf über 13,6 Milliarden Euro gestiegen.
In diesem Jahrbuch erläutern die Rechtsanwälte Dr. David Jansen und Arne Bolch die rechtlichen Grundlagen des ELTIF 2.0-Regimes. Martin Groos, Geschäftsführer der Universal-Investment-Luxembourg, und Klaus Weber, Geschäftsführer der Patrizia GrundInvest, beschreiben die wirtschaftliche Bedeutung der ELTIFs. Neben Kurzporträts von aktuell in Platzierung befindlichen ELTIFs kommen mit Markus Pimpl, Partners Group, Christian Humlach, Aquila Capital, und Dr. Steffen Pauls, CEO von Moonfare, in Interviews Anbieter von ELTIFs zu Wort.
Leo J. Heinl
Redaktionsleitung EXXECNEWS
Der Beitrag ist zuerst im Jahrbuch der Deutschen Anlageberatung 2024 erschienen.
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