Monatsfrage: Keine Zeitenwende am IPO-Markt im Krisenumfeld

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Die Einschätzung von Börsengängen und die Kapitalbeschaffung börsennotierter Unternehmen in einem unsicheren Markt- und Gesamtumfeld waren Gegenstand der Monatsfrage September des Berufsverbands der Investment Professionals DVFA an seine 1.400 Mitglieder. Nur vereinzelt trauen sich derzeit noch Unternehmen, das Börsenparkett mit einem öffentlichen Angebot zu betreten. Gleichzeitig gibt es immer wieder komplette oder weitgehende Delistings. Damit wird auch das Jahr 2022 nach aktueller Einschätzung in puncto Börsengänge nicht gut abschneiden.

Die Umfrageergebnisse stärken indes die Einschätzung, dass es nicht allein am schlechten Marktumfeld liegt, sondern auch strukturelle Änderungen nötig sind. „Die klassische Kapitalaufnahme der Unternehmen im deutschen Markt ist zweifellos mit einigen Hürden und Risiken behaftet. Dringend notwendig ist etwa eine regulatorische Entschlackung, um klassische Börsengänge zu erleichtern und nicht mit Formalia zu überfrachten. Zudem scheint es geboten, auch hier durchaus mit Unterstützung des Regulators, Investorengruppen wie Versicherungen wieder verstärkt zu gewinnen“, resümiert Roger Peeters, DVFA Vorstandsmitglied, die Ergebnisse.

Börsengänge kommen wegen Ukrainekonflikt und schwacher Marktlage fast zum Erliegen

Gefragt nach den Ursachen, warum die Zahl der IPOs sinkt, sagen 38 Prozent der Befragten, dass es eine Koinzidenz aus schwacher Marktlage und strukturellen Themen gebe. Entsprechend sei auch nur eine leichte Verbesserung bei der Frequenz der Börsengänge zu erwarten. Der Krieg in der Ukraine habe die Misere zusätzlich verschärft, urteilen 32 Prozent. Der deutsche IPO-Markt sei vorher schon schwierig gewesen und bliebe es wohl auch. 28 Prozent meinen, dass in diesem Umfeld kein Unternehmen ein IPO-Projekt wagen würde. Mit einer Beruhigung der Lage im Osten und einem Aufschwung steigt die Erwartung, dass wieder mehr Unternehmen an den Markt kommen. Optimismus ist wenig vorhanden: Lediglich zwei Prozent erwarten, dass der nächste IPO-Boom bevorsteht.

Die Gründe für die träge IPO-Entwicklung sind vielfältig

Die DVFA Investment Professionals wurden nach den Ursachen der trägen IPO-Entwicklung befragt, Mehrfachnennungen waren möglich. Die Ergebnisse geben bei den Begründungen ein relativ gleichmäßig verteiltes Bild ab.

Die Investorengruppe der Versicherer spielt eine wichtige Rolle und liegt vorne: Aufgrund zunehmender Regulierung haben sich die Versicherer in den letzten Jahren sukzessive aus dem Aktienmarkt zurückgezogen (Aktienquote aktuell um fünf Prozent, im Jahr 2000 noch über 20 Prozent). Diese Art der Regulierung sollte dringend überprüft werden. Das bestätigt mit 54 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten.

48 Prozent halten die Regulatorik für abschreckend. Börsennotierte Unternehmen, besonders aus dem Mittelstand, würden mit umfangreichen Vorschriften, etwa zur Publizität, deutlich über das Nötige hinaus reglementiert. Knapp dahinter rangiert mit 44 Prozent die Einschätzung, dass die risikoaverse deutsche Mentalität das Problem sei.

41 Prozent meinen, die Aufnahme von Eigenkapital lohne nicht, weil die Kredite im Vergleich immer noch zu billig seien. Mit Blick über den großen Teich glaubt exakt ein Drittel, 33 Prozent, dass die Bewertungen zum Beispiel in den USA wesentlich höher als in Deutschland seien und entsprechend wenig reizvoll sei somit ein Listing am deutschen Markt.

Die Rolle alternativer Formen der Kapitalaufnahme – SPACs und ICOs fallen durch

Andere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung stehen in der Beliebtheitsskala nicht wirklich in der Gunst der DVFA Investment Professionals. Abgefragt wurde die Sicht auf Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) und Initial Coin Offerings (ICOs). „SPACs sind reine Kinder der Hausse, in normalen Märkten investiert kein Anleger in solche Black Boxes“, urteilt die klare Mehrheit von 86 Prozent. Und ebenso kritisch fällt das Bild für ICOs aus: ICOs und Kryptowährungen generell seien moderne Schneeballsysteme und in keiner Form nachhaltig oder zukunftsfähig, meinen immerhin 40 Prozent. „Als geniales Konzept“ stufen SPACs nur magere sieben Prozent ein. Man trenne auf clevere Weise Kapitalaufnahme und Investition, meinen die so Abstimmenden. Für ICOs erwärmen sich ebenso gerade mal sieben Prozent: sie sehen ICOs als Zukunft, die genauso wie Kryptowährungen das jetzige Geldsystem ablösen werden.

Porsche IPO: Ein möglicher Befreiungsschlag?

Mit Spannung erwartet der Markt den Börsengang von Porsche. Eindeutig ist das Ergebnis der Befragung: Die für das letzte Quartal dieses Jahres geplante Notierung von Porsche wird von den DVFA Investment Professionals durchaus optimistisch gesehen. 53 Prozent sind überzeugt: Der Einfluss von Volkswagen und der begleitenden Banken wird als groß genug gesehen, um diesen Börsengang zum Erfolg zu bringen.

Die kritischen Stimmen bestätigen jedoch die Bedenken. Immerhin 25 Prozent glauben, dass das IPO im aktuellen Umfeld wenig realistisch ist. Er werde ins Jahr 2023 geschoben, eventuell sogar abgesagt. 20 Prozent mutmaßen, dass er stattfindet, jedoch kein großer Erfolg werden wird. Nur ein kleiner Teil der Befragten wertet Porsche als Eisbrecher, auf den der Markt gewartet hat und nach dem ein kleiner IPO-Boom einsetzt (zwei Prozent). [Hinweis: Die Umfrage wurde am 31. August geschlossen, also vor der mittlerweile bekannt gewordenen konkreten IPO-Planung.]

Die Zukunft der Kapitalbeschaffung erfordert Entschlackung bei Prospekten, Vorschriften und Vorgaben

Welche Instrumente können dienlich sein, um die Kapitalbeschaffung zu fördern? Gibt es wesentliche Treiber? Mehrfachnennungen waren möglich.

Prospekte, Vorschriften (auch nach dem Börsengang) und Vorgaben müssten deutlich entschlackt werden. Damit werden regulatorische Fragen von 61 Prozent der Teilnehmer als bedeutsam eingestuft. Etwas weniger denken, dass es einen Mentalitätswandel bei allen Beteiligten geben müsse. Firmenlenker sollten risikofreudiger werden und Investoren ebenso (48 Prozent). Den Gesetzgeber in der Pflicht sehen 44 Prozent – die jetzige Regierung hätte im Koalitionsvertrag einige gute Ansätze, die dringend umgesetzt werden müssten. Anlagen in den börsennotierten Mittelstand etwa sollten staatlich gefördert werden.

Am wenigsten Stimmen bekam das Votum für den Einsatz der Investmentbanken mit 29 Prozent: Die (Investment-)Banken müssen mehr tun und stärker beim Mittelstand um diese Form der Kapitalbeschaffung werben.

„Unsere Investment Professionals sehen in SPACS und ICOs keine wirklichen Alternativen, zeigen aber zumindest für den Porsche-Börsengang Zuversicht. Auch wenn dieser nicht den Durchbruch am IPO-Markt bringen wird, so könnte dieser IPO zumindest ein positives Signal setzen“, bemerkt Peeters. Weiterhin ergänzt er: „Die den Deutschen nicht ganz zu Unrecht nachgesagte risikoaverse Haltung dürfte nur schwer zu überwinden sein – sie ist ebenso wie der Ukrainekrieg oder die Politik des billigen Geldes als Ursache nur mittel- bis langfristig zu beeinflussen.“

Der DVFA Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e.V. (DVFA) mit Sitz in Frankfurt am Main ist die Standesorganisation aller Investment Professionals in den deutschen Finanz- und Kapitalmärkten. Für seine über 1.400 Mitglieder aus dem Investment- und Risikomanagement engagiert sich der Verband für die Professionalisierung des Berufsstandes, erarbeitet Standards, fördert den Finance-Nachwuchs und bringt sich in die regulatorische und politische Diskussion ein.

www.dvfa.de

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