Kryptoverwahrung soll erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung werden
Ende Mai 2019 hat das Bundesfinanzministerium einen Gesetzentwurf zur 5. Geldwäscherichtlinie veröffentlicht. Er dient der Umsetzung der europäischen Geldwäscherichtlinie in nationales Recht. Dazu sind in erster Linie Anpassungen im Geldwäschegesetz erforderlich. Neben den erwarteten Änderungen soll auch das Kreditwesengesetz um den Bestandteil der „Kryptowerte“ erweitert werden.
Der Gesetzentwurf enthält im Wesentlichen Regelungen zu folgenden Themen:
- Erweiterung des geldwäscherechtlichen Verpflichtetenkreises (unter anderem um elektronische Geldbörsen und Umtauschplattformen für Kryptowerte)
- Verstärkte Sorgfaltspflichten bei Hochrisikoländern
- Öffentlicher Zugang zum Transparenzregister und Vernetzung der nationalen Transparenzregister
- Verdachtsmeldepflicht freier Berufe bei Immobilientransaktionen
- Korrespondenzbankbeziehungen innerhalb des Europäischen Währungsraums (EWR)
Infolge einer Ergänzung von § 1 des Kreditwesengesetzes soll die Kryptoverwahrung eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung werden. Dies kommentiert Dr. Sven Hildebrandt, Partner bei der DLC Distributed Ledger Consulting GmbH, wie folgt: „Selbstverständlich ist eine adäquate Regulierung im Bereich Blockchain zu begrüßen, da sich aus dieser mannigfaltige Chancen für den Standort Deutschland ergeben können. Allerdings lässt der bisherige Regulierungsentwurf die neuen technologischen Anforderungen an die potenziellen Verwahrstellen kryptografisch verschlüsselter Token aktuell komplett außer Acht, was uns vor dem Hintergrund der bisherigen Vorfälle in diesem Bereich bedenklich erscheint.“
Darüber hinaus müssten die etablierten Player aufpassen, mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten, meint Hildebrandt: „Durch die vergleichsweise strenge Regulierung würde Deutschland auf der einen Seite zunächst zwar unattraktiver für die Ansiedelung von Technologieunternehmen werden, die solche Art von Geschäften betreiben. Auf der anderen Seite könnte die Bundesrepublik mit diesem Schritt eine Art ‚Goldstandard‘ für den Umgang mit digitalen Assets etablieren.“
Zur zukünftigen Bedeutung der Dienstleistung Kryptoverwahrung und zur praktischen Umsetzung im Hause einer etablierten Verwahrstelle sowohl für Finanz- als auch für Sachwerte hat EXXECNEWS mit Patrick Karb, Corporate Strategy Manager – Abteilungsdirektor Corporate Development bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, gesprochen:
EXXECNEWS: Wir schätzen Sie die zukünftige Bedeutung der Dienstleistung „Kryptoverwahrung“ ein?
Patrick Karb: Mit Nutzung und Weiterentwicklung der Distributed-Ledger-Technologie werden zukünftig mehr und mehr Wertpapiere als Kryptowerte oder Token emittiert werden. Studien gehen davon aus, dass bis 2027 mindestens zehn Prozent des Marktvolumens aus kryptografischen Assets bestehen, heute sind es nicht einmal 0,5 Prozent. Auch die „Entmaterialisierung“ (also Tokenisierung) bereits existierender Wertpapiere wird hierzu enorm viel beitragen. Diese Entwicklung wird massive Änderungen in den Prozessen der klassischen Verwahrung nach sich ziehen, deren Umsetzung nur anhand zivilrechtlicher und regulatorischer Vorschriften auf nationaler sowie europäischer Ebene durchzuführen ist. Diese disruptive Entwicklung erfordert von allen Marktteilnehmern enorme Anpassungsbereitschaft und strategische Maßnahmen, diese Elemente der neuen Technologie in das eigene Business-Modell zu integrieren. Die Kryptoverwahrung wird schon in wenigen Jahren ähnlichen Stellenwert erreichen wie die Verwahrung konventioneller Wertpapiere in der Gegenwart.
EXXECNEWS: Verfolgt Ihr Unternehmen entsprechende Pläne, um die Dienstleistung „Kryptoverwahrung“ anbieten zu können?
Patrick Karb: Für Hauck & Aufhäuser ist Asset Servicing Kernkompetenz. Wir bieten hier alle Services rund um die Verwahrung von Vermögensgegenständen, sowohl traditioneller als auch alternativer Struktur in Deutschland und Luxemburg an. Die Verwahrung von Kryptowerten ist eine ganz neue Disziplin, deren Herausforderungen wir uns als Asset-Servicing-Dienstleister stellen werden. Wir sehen es als unbedingte Aufgabe an, Services rund um Kryptoassets anbieten zu können und entwickeln mit Fokus auf diese Entwicklung geeignete Konzepte.
EXXECNEWS: Wie ist der aktuelle Projektstand?
Patrick Karb: Wir gehen hier mit der Zeit und dem Fortschritt. Es gibt weder auf lokaler noch Unionsebene genügend Präzedenzfälle, um hier bereits einem Muster oder gar einem möglichen Standard zu folgen. Wir beobachten den Markt, auch grenzüberschreitend, und sprechen mit Experten und anderen Akteuren aus der Branche. Wir analysieren die regulatorische Entwicklung dazu und beteiligen uns an der Arbeit von Interessensverbänden, um am Fortschritt eng zu partizipieren. Letztendlich entwickeln wir hieraus unsere eigene strategische Agenda, in welcher Art und Weise wir uns der Kryptoverwahrung nähern und wie hier konkrete operative Prozesse und Services ausgestaltet werden könnten.
EXXECNEWS: Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Kryptoverwahrung im Vergleich zur Verwahrung von Wertpapieren und/oder Sachwerten?
Patrick Karb: Grundsätzliche Problematik ist hierbei die technikneutrale Einordnung von Kryptowerten unter der bestehenden Gesetzeslage. Das Depotgesetz baut systematisch und terminologisch auf dem Prinzip von existierenden physischen Wertpapierurkunden auf. Diese rechtliche Unsicherheit sorgt derzeit noch dafür, dass im Kontext mit der Verwahrung von Token grundsätzliche Einzelfallentscheidungen für die Umsetzung und den Prozess wegweisend sind.
Gespeichert, also „verwahrt“ werden Token grundsätzlich in sogenannten Wallets, was im Grunde einer Softwarelösung entspricht, die mit der Blockchain interagieren kann. Streng genommen existiert somit kein physisches Depot. Bereitstellung und Betrieb einer entsprechenden Infrastruktur unter Anwendung der jeweiligen Gesetzeslage wird Kernthema eines jeden Akteurs sein, der Administration und Verwahrung von Kryptowerten in sein Serviceportfolio aufnehmen möchte.
Der Artikel ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 14/2019.