Überdurchschnittlich positive Entwicklung bei großen Vermögensverwaltern
Im Jahr 2017 konnten Vermögensverwalter ihre Provisionsüberschüsse deutlich steigern. Das ergibt die aktuell im fünften Jahr durchgeführte Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft App Audit, in der Ertrags-, Kosten- und Vergütungsstrukturen unabhängiger Vermögensverwalter analysiert werden. In die Studie wurden mehr als 200 Unternehmen einbezogen. Zusätzlich wurden die Ergebnisse in einen Mehrjahreskontext gestellt, der auch eine Analyse längerfristiger Trends ermöglicht.
Erstmalig untersucht die Studie auch, wie eine erneute Krise der Märkte sich auf die Finanzdienstleister auswirken könnte. Um diese näher zu ergründen, wurden im Rahmen der Studie verschiedene Stresstests simuliert. In deren Rahmen werden die Auswirkungen verschiedener Stressszenarien auf diverse Unternehmenskennzahlen analysiert. Für EXXECNEWS fasst Jürgen App, Geschäftsführer von App Audit, die wesentlichen Studienergebnisse zusammen:
Im Ergebnis konnten die Provisionsüberschüsse im betrachteten Jahr wieder deutlich gesteigert werden. Ersichtlich ist auch die fortgesetzte strukturell überdurchschnittlich positive Entwicklung der großen Marktteilnehmer bei den unabhängigen Vermögensverwaltern. Der Abstand zu den übrigen Vermögensverwaltern wurde in den letzten Jahren stetig größer. Möglicherweise ist dies ein Indiz, dass die seit Jahren beschworene aber bisher noch nicht in nennenswertem Umfang eingetretene Marktkonsolidierung unter den Unternehmen demnächst tatsächlich ansteht.
Konträr zu diesem generellen Trend gibt es allerdings auch bei kleineren Marktteilnehmern einzelne sich sehr positiv entwickelnde Adressen. Dies lässt sich insbesondere auch an dem Personalaufwand je Mitarbeiter ablesen.
Provisionserträge
Die zehn führenden Vermögensverwalter erwirtschaften den überwiegenden Anteil der Provisionserträge.
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Provisionsüberschüsse der auswertbaren Unternehmen insgesamt von rund 581 Millionen Euro auf 792 Millionen Euro, das heißt um rund 36 Prozent gestiegen. Zieht man für die Analyse den Markttrend der unabhängigen Vermögensverwalter auf Basis der Jahre 2007 bis 2017 und anhand der erzielten Provisionsüberschüsse heran, so zeigt sich, dass ein signifikantes Ertragswachstum im Zeitablauf überwiegend bei den wenigen großen Unternehmen zu verzeichnen ist.
Mitarbeiterproduktivität
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass im Wesentlichen die Verwaltung großer und/oder institutioneller Vermögen die Ertragskraft je Mitarbeiter signifikant positiv beeinflusst. So erzielen die Top Ten Vermögensverwalter teilweise ein Mehrfaches an Provisionserträgen je Mitarbeiter als die der kleinsten Gruppe von Unternehmen.
Umsatzrentabilität
Die Umsatzrentabilität (hier definiert als das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit bezogen auf das Provisionsergebnis) zeigt tendenziell schlechtere Werte bei kleineren Unternehmen. Dies zeigt die nachfolgende Übersicht, welche die Umsatzrentabilität der Institute, sortiert nach abnehmender Unternehmensgröße, zeigt. Es zeigt sich allerdings auch, dass einige kleinere Institute überdurchschnittliche Werte aufweisen. Dies erhärtet die These, dass kleine Institute ebenfalls sehr effizient arbeiten können.
Cost-Income-Ratio
Eine Analyse im Mehrjahresvergleich lässt folgende Tendenz der durchschnittlichen Cost-Income-Ratio (CIR) über alle betrachteten Unternehmen hinweg erkennen:
Die CIR hat sich sowohl im Durchschnitt aller Unternehmen als auch bei den Top Ten in den vergangenen Jahren, mit Ausnahme des Jahres 2016, stetig verbessert und erreichte in 2017 mit rund 50 Prozent den bislang besten Wert. Hier spiegeln sich besonders die gestiegenen Provisionen wider. Dass trotz deren überdurchschnittlicher Performance der Wert von 2015 nur leicht unterboten wurde, resultiert aus den ebenfalls gestiegenen Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen.
Krisenszenarien: Jahresergebnisse unter Stress
Im Rahmen der Studie wurde unter anderem analysiert, wie sich verschiedene Kennzahlen entwickeln könnten, sollten die Provisionserträge um 20 Prozent zurückgehen. Ergebnis eines solchen Ertragsschocks kann im Extremfall sein, dass die regulatorisch erforderliche Eigenkapitalquote unterschritten wird. Gemäß Capital Requirement Regulation der Europäischen Union sind Finanzdienstleistungsinstitute generell dazu verpflichtet, Eigenmittel vorzuhalten, die mindestens 25 Prozent der Gemeinkosten decken (Eigenmittelrelation).
Zu beachten ist dabei, dass mangels entsprechender zuverlässiger Daten im Rahmen des nachfolgend dargestellten Szenarios verschiedene kompensatorische Effekte und Maßnahmen wie der Wegfall variable Vergütungen und sonstige gegenläufige Maßnahmen nicht berücksichtigt werden konnten. Daher dürften die nachfolgenden Ergebnisse die negativen Folgen der Szenarien teilweise überzeichnen.
Insgesamt müsste im Einzelnen eine Mehrheit der betrachteten Unternehmen von 148 Anbietern (70 Prozent) mit einem Jahresverlust rechnen, wobei der Anteil der „Verlust-Unternehmen“ mit sinkender Unternehmensgröße jeweils steigt. Dabei würden etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) die vereinfacht ermittelte aufsichtsrechtlich geforderte Eigenmittelrelation von 25 Prozent unterschreiten, falls die Aufwendungen nicht zumindest teilweise reduziert werden könnten. In diesem Szenario würde ferner das Eigenkapital für acht Prozent der betrachteten Institute negativ werden.
Informationen zur kompletten Studie sind über folgenden Link erhältlich: www.app-audit.de/studie-asset-manager
Jürgen App ist Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer der App Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Sitz in Gensingen. App Audit ist spezialisiert auf die Prüfung und Beratung regulierter Finanzdienstleister. In diesem Bereich werden bundesweit schwerpunktmäßig Kreditinstitute, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Vermögensverwalter sowie Unternehmen in den Branchen Leasing und Factoring betreut.
Der Artikel ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 19/2019.