Solvabilitätsberichte 2021: Deutsche Lebensversicherer haben ihre Hausaufgaben gemacht
Die deutschen Lebensversicherer sind auf die Niedrigzinsphase gut vorbereitet und weisen überwiegend eine ausreichende Solvenz aus. Die dramatische Situation der vergangenen Jahre für viele Versicherungsgesellschaften hat sich damit zwar entspannt, Entwarnung ist aber noch nicht angesagt. „Denn der Griff in die Überschusskasse der Kunden wird wichtiger“, mahnt Axel Kleinlein, Versicherungsmathematiker beim Bund der Versicherten (BdV). Zu diesem Ergebnis kommt die diesjährige Analyse der Solvabilitätsberichte, die der BdV gemeinsam mit Zielke Research Consult zum sechsten Mal veröffentlicht hat.
Auch dieses Jahr sind immerhin noch 13 Unternehmen angezählt, das heißt, sie haben nur durch Übergangsmaßnahmen oder den Griff in die Überschusskasse der Versicherten eine ausreichende Solvenz oder weisen eine negative Gewinnerwartung auf. Nach 23 angezählten Unternehmen im Vorjahr hat sich die Zahl aber deutlich verringert. Auch haben sich fast alle im vergangenen Jahr angezählten Unternehmen nun verbessert.
Die Transparenz der Berichte, die in den vergangenen Jahren vom BdV vielfach moniert wurde, sei auf einem vergleichsweise hohen Niveau. „Das ist sehr erfreulich, die Versicherungsgesellschaften haben hier ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Kleinlein. Doch es gebe auch Negativentwicklungen, besonders bei einigen größeren Unternehmen. Dort habe die Transparenz an der einen oder anderen Stelle deutlich abgenommen. Deutschland wurde von Spanien als transparentester Markt eingeholt. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass auch große Marktplayer wie die Allianz sich nun für intransparentere Berichte entschieden haben“, so Kleinlein. Während die Biometrie-Versicherer weiterhin stabil aufgestellt seien, gebe es innerhalb der Run-Off-Gesellschaften große Unterschiede. Einige dieser Unternehmen wiesen auch weiterhin problematische Solvenzquoten aus oder seien in anderen Kennzahlen nicht gut aufgestellt. Dies treffe jedoch nicht auf alle Run-Off-Unternehmen zu.
Erstmals wurde auch geprüft, ob es Hinweise zu Nachhaltigkeitsrisiken gibt. 32 Gesellschaften nehmen hierzu keinen Bezug. „Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Thema für die CSR-Berichterstattung, sondern auch für die Solvenzeinschätzung. Das scheint noch nicht bei allen Gesellschaften angekommen zu sein“, sagt Dr. Carsten Zielke, Geschäftsführer von Zielke Research Consult. Auswirkungen durch die jetzt wieder steigenden Zinsen werden sich laut Analyse erst in vielen Jahren als Überschussbeteiligung bei den Kunden bemerkbar machen. Kurzfristig helfe es aber den Solvenzquoten. Den „legalen Betrug“ aber dürften auch steigende Zinsen nicht beenden. „Die deutsche Lebensversicherung ist zu unflexibel, um auf sich ändernde Zinsen reagieren zu können, das haben die letzten Jahre einmal mehr gezeigt“, sagt Kleinlein. Besonders die Unternehmen, die viel in Staatsanleihen investiert haben, werden durch die deutschen Anforderungen nach HGB Schwierigkeiten bekommen – sie kämen in der Regel zwar besser durch Zeiten niedriger Zinsen, können aber bei steigenden Zinsen dennoch nur geringe Überschüsse geben. (DFPA/mb1)
Der Bund der Versicherten e.V. (BdV) ist eine unabhängige und gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation. Der Verein wurde 1982 gegründet und zählt mehr als 45.000 Mitglieder.