Versicherer sehen moderates Wachstum unter anhaltendem Druck durch Regulierung
Stärkere Regulierung und ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld: Für Versicherungsunternehmen sind dies die beiden größten Herausforderungen in den nächsten ein bis drei Jahren. Neben den kurzfristigen Herausforderungen beschäftigen sich jedoch nur wenige Versicherer auch mit der Frage, ob ihr Geschäftsmodell auf lange Sicht tragfähig und künftig aufkommenden Risiken noch gewachsen ist. So lauten die wichtigsten Erkenntnisse aus dem „Insurer Outlook Survey“, den die Unternehmensberatung Towers Watson unter Entscheidern durchgeführt hat.
Besonders in Europa dominiere das Thema Regulierung, welches hier 82 Prozent der Befragten zu den drei wichtigsten Herausforderungen zählen (weltweit: 74 Prozent, Nordamerika: 65 Prozent). Auffällig sei, dass der Niedrigzins in Europa (68 Prozent) weniger kritisch als in Nordamerika (85 Prozent) wahrgenommen werde. „Vor allem deutsche Lebensversicherer sind durch die Zinszusatzreserve, das Lebensversicherungsreformgesetz und die anhaltende Niedrigzinsphase gezwungen, sich mit der Umstellung ihres Geschäftsmodells zu beschäftigen“, erläutert Frank Schepers, Managing Director der Versicherungsberatung von Towers Watson. „Andere europäische Märkte sind hier schon weiter“, so Schepers.
Im Bereich der Nicht-Lebensversicherung werden als größte Risiken, aber auch als Chancen die Veränderungen durch Digitalisierung und Demografie gesehen. So halten es 45 Prozent der Befragten aus diesem Segment für eine Bedrohung, dass die Versicherungsindustrie mit den technischen Innovationen nicht Schritt halten könne. „Für Deutschland ist dieser Punkt besonders wichtig: Hier haben die Umwälzungen die Branche bisher eher langsam erfasst“, sagt Karsten Wantia, bei Towers Watson Berater für die Sachversicherung. „Das Internet als Vertriebs- und Kommunikationsplattform sowie der Appetit neuer Anbieter (Vergleichsportale, Automobilhersteller etc.) auf die Profite der Versicherer haben in den agileren angelsächsischen Märkten die Branche schon nachhaltig verändert.“
Im Hinblick auf ihre Geschäftsaussichten in den kommenden drei Jahren seien die meisten Gesellschaften verhalten; dabei äußern sich europäische Versicherer am negativsten: Nur 18 Prozent sehen kurzfristig Möglichkeiten für Wachstum, gefolgt von Nordamerika (20 Prozent) und Asien und Ozeanien (52 Prozent). Weltweit erwartet die Versicherungsbranche weiter Konsolidierung. Fast 40 Prozent der Befragten rechnen damit, dass Wachstum vor allem aus Zukäufen zu erzielen ist.
Auch nach ihren Befürchtungen um die wichtigsten Ressourcen wurden die Experten befragt: Hier rangiert die Sorge um effiziente und zukunftsfähige IT-Systeme klar auf Platz 1 und wurde von 88 Prozent der Befragten in den Top 3 platziert. Die Gewinnung von Talenten und die richtige Vergütung der Mitarbeiter (78 Prozent und 50 Prozent) rangieren dahinter. „Die demografische Entwicklung trifft Versicherer nicht nur auf der Kundenseite, sondern auch bei den eigenen Mitarbeitern“, so Schepers. „Nachwuchssorgen im Vertrieb und ihr etwas angestaubter Ruf machen der Versicherungsindustrie zu schaffen.“
Neben den unmittelbar anstehenden Themen wie dem Umgang mit Zinsniveau und Kapitalanforderungen sehen Unternehmen die zukünftigen Herausforderungen darin, sich unter sich schnell verändernden natürlichen, konjunkturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Markt zu behaupten. 53 Prozent der Befragten sehen die wirtschaftliche Entwicklung als Herausforderung und der Klimawandel steht laut Befragung bei 26 Prozent der Sachversicherer weit oben auf der Liste.
Für die weltweit erhobene Studie wurden 365 Führungskräfte aus Versicherungsunternehmen befragt.
Quelle: Pressemitteilung Tower Watson
Towers Watson ist ein weltweit tätiges Beratungsunternehmen für Personal-, Finanz- und Risikomanagement mit Sitz in New York/USA. Das Unternehmen hat 15.000 Mitarbeiter, die zu Aspekten der betrieblichen Altersversorgung, des Talent- und Vergütungsmanagements sowie des Risiko- und Kapitalmanagements beraten. (mb1)