Vertriebsanreize stehen auf der Agenda der BaFin
Bei der Aufsicht über Versicherungsunternehmen beschäftigt sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auch mit den Vertriebsstrukturen und -systemen. Hierzu gehören die Anreize, die Versicherer erfolgreichen Vermittlern gewähren. Es ist Sache der BaFin zu beurteilen, wie beispielsweise Vertriebsprovisionen oder Bonussysteme auszugestalten sind, damit diese aufsichtskonform sind. Im aktuellen „Bafin-Journal“ erläutert Olaf Temmen, weshalb die Vorgaben zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und zu den Geschäftsleiterpflichten nach § 64a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dabei eine entscheidende Rolle spielen und worauf Versicherer achten müssen.
Im Zentrum der Überprüfung durch die BaFin steht die Frage, ob sich der jeweilige Versicherer im Rahmen des § 64a VAG angemessen mit dem Thema Vertriebsanreize beschäftigt hat. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Versicherer nicht intensiv genug darauf geachtet haben, ob sie bei der Bezahlung von Vermittlern im Rahmen des Risikomanagements angemessen mit Interessenkonflikten umgehen. Oft fehlte es auch an einer umfassenden, rechtlich fundierten Dokumentation der Risikoanalyse durch die Versicherer, so Temmen.
Zu einem richtigen Verständnis von § 64a VAG gehöre, dass sich die Versicherer bei der Geschäftsorganisation präventiv mit dem Thema Vertrieb auseinandersetzen müssen. Neben Vertriebsanreizen fallen hierunter auch die internen Kontrollmechanismen. Ein wirksames Risikomanagement dürfe nicht erst eingreifen, wenn beispielsweise ein meldepflichtiger Tatbestand im Sinne der Sammelverfügung zu Veruntreuungsmeldungen Anlass dazu bietet. Gewisse Mindestanforderungen an das Risikomanagement im Vertrieb habe die Aufsicht im Rundschreiben zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern und zum Risikomanagement im Vertrieb formuliert.
Die Beschäftigung mit diesen Fragen sei für die Versicherungsbranche eine lohnende Investition in die Zukunft. Die zunehmende Verbesserung der Vertriebscompliance sei ein wichtiger Baustein, um die Belange des kollektiven Verbraucherschutzes zu stärken und die öffentliche Wahrnehmung der Unternehmen insgesamt positiv zu beeinflussen. Die BaFin werde diese Entwicklung weiterhin kritisch begleiten und die Versicherer bei der Umsetzung unterstützen.
Auch auf europäischer Ebene ist das Thema Vertriebsanreize auf der Agenda: Der europäische Gesetzgeber arbeitet derzeit an der geplanten Versicherungsvermittler-Richtlinie (Insurance Distribution Directive – IDD), die neben Informationspflichten über vermittelte Produkte und der Vergütung von Vermittlern unter anderem auch potenzielle Konflikte zwischen dem Provisionsinteresse von Vermittlern und den Interessen der Verbraucher an einem passenden Versicherungsschutz im Blick hat.
Quelle: Bafin Journal
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt am Main. Sie vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. (AZ)