Bauzinsen nach Corona: "Die Zinsen könnten über Jahrzehnte niedrig bleiben"
Die massive Geldschwemme, mit der die Europäische Zentralbank (EZB) seit vielen Jahren den Euroraum flutet soll die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig die Preisstabilität sicherstellen. Als stabil gilt eine Teuerungsrate von annähernd zwei Prozent. Warum die Preise nun schon seit mehreren Jahren trotz niedriger Zinsen und steigender Löhne nicht nennenswert zulegen, hat verschiedene Ursachen. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baufinanzierungsvermittlers Dr. Klein, beobachtet, dass die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken teilweise gar nicht in der Realwirtschaft ankommen: „Die niedrigen Kreditzinsen werden von den Unternehmen nur zum Teil für Investitionen genutzt. Viele Aktiengesellschaften verwenden die günstigen Kredite, um eigene Aktien zu erwerben und binden somit Kapital. Das Geld bleibt daher zu einem großen Teil im Finanzkreislauf und kommt nur moderat in der Realwirtschaft an.“
Eine weitere Erklärung für die anhaltend niedrige Inflation ist die zunehmende Globalisierung. Durch sie ist der Preiskampf international härter geworden und Unternehmen verzichten teilweise aus Angst vor einem Wettbewerbsnachteil auf Preiserhöhungen. „Durch die Corona-Krise könnte zwar die Produktion einiger systemrelevanter Güter wieder nach Europa verlagert werden und deren Preise damit steigen. Insgesamt erwarte ich durch die Pandemie aber keine Ent-Globalisierung und damit auch keinen großen Effekt auf die Inflation. Die wesentlichen Warenströme werden weiterhin international bleiben.“
Dass auch die Märkte von einem langfristig niedrigen Zinsniveau ausgehen, lasse sich unter anderem an den Konditionen für lange Zinsbindungen ablesen. „In der Vergangenheit war die Zinsdifferenz zwischen einer zehn- und zwanzigjährigen Zinsbindung deutlich höher als heute. Und obwohl die Zinsen durch die aktuelle Situation leicht steigen, ist der Spread zwischen den Zinsbindungen nicht größer geworden. Das zeigt, dass auch auf lange Sicht kein nennenswerter Zinsanstieg erwartet wird.“ Aktuell erhalten Kreditnehmer ein Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung ab 0,41 Prozent, bei 15 Jahren sind es 0,52 Prozent und bei 20 Jahren 0,82 Prozent. Erst bei einer Zinsbindung von 25 Jahren steigt der Sollzins über die Ein-Prozent-Marke.
In den zuletzt gestiegenen Bauzinsen erkennt Neumann keinen nachhaltigen Trend: „Die leichte Aufwärtsbewegung ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass die Banken in der aktuell unsicheren Zeit Risiken neu bewerten und Zinsrückgänge nicht komplett an ihre Kunden weitergeben. Auf mittlere Sicht ist zwar ein moderater Anstieg möglich, doch der wird sich in einem überschaubaren Rahmen halten. Auch dann wird das Zinsniveau immer noch auf einem im historischen Vergleich absolut günstigen Niveau verbleiben.“ (DFPA/JF1)
Quelle: Pressemitteilung Dr. Klein
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