"Kapitalmarktbrief: Die große Bestandsaufnahme
Anleger reiben sich noch immer verwundert die Augen: Der globale Aktienindex MSCI Welt hat seit seinem Tiefpunkt im März 2020 über 40 Prozent gewonnen, die Risikoaufschläge von US-Unternehmensanleihen haben sich bis auf wenige Basispunkte in Richtung Vorkrisenstand bewegt. Nach dieser rekordschnellen Erholungsrally an den globalen Kapitalmärkten, die sämtlicher Krisenberichterstattung getrotzt hat, steht fast unweigerlich eine Bestandsaufnahme der Markttreiber an, so heißt es im „Kapitalmarktbrief“ des Vermögensverwalters Allianz Global Investors.
Konjunkturell hätte man sich aus dem tiefen Tal der globalen Ausgangsbeschränkungen im März und April befreit. Erst schwungvoll, zuletzt gebremster. Trotzdem befänden sich viele Länder gerade im Vergleich zum Jahresanfang in einer „80-bis-90-Prozent-Ökonomie, was Kennzahlen wie das Produktionsniveau angeht. In Teilbereichen des Dienstleistungssektors liegen die Auslastungen laut „Kapitalmarktbrief“ noch deutlich darunter. Regional differenziere sich das Bild: China konnte im zweiten Quartal 2020 wieder positives Wachstum ausweisen, die monatlichen Konjunkturdaten verbesserten sich überwiegend. Auch in Europa zeige eine Mehrzahl der Indikatoren einen positiven Trend. Sorgen bereitete die US-Konjunktur: Die Anträge auf Arbeitslosenhilfe steigen wieder an, das Konsumentenvertrauen sinke. Die Konsumbereitschaft könnte merklich leiden, sollte die Regierung die in den vergangenen Monaten recht großzügig geflossenen Unterstützungsleistungen für Arbeitslose kürzen.
Die konjunkturellen Trends spiegelten das Infektionsgeschehen wider: je kontrollierter die Verbreitung des Corona-Virus, je stichhaltiger die Erholungstendenzen in der Wirtschaft. Entsprechend verunsichert könnte die amerikanische Leitbörse auf die schwierige Eindämmung des Virus in den USA reagieren – auch wenn sich die Infektionsdynamik in den stark betroffenen Bundesstaaten laut Allianz Global Investors zuletzt leicht stabilisieren konnte und die Todesfälle im Verhältnis zu den Infizierten zurückgehen. Global betrachtet bleibe das Virus aktiv. Große Hoffnung schöpften die Märkte aus den Fortschritten bei der Entwicklung eines Impfstoffs.
Politisch kämen einige Weichenstellungen auf uns zu. Ein starkes Signal hätten die EU-Regierungschefs mit ihrer Einigung auf den sogenannten „Recovery Fund“ gesetzt. Dieser bedeute erstmals in der Geschichte der EU eine gemeinsame Schuldenaufnahme, zudem großvolumige fiskalische Umverteilung. Viele Regierungen stehen vor der Frage, ob Maßnahmen zur Abfederung der Corona-Krise, wie Einkommenstransfers und Kreditgarantien, verlängert werden sollten. Dies fordere die Staatshaushalte heraus, bedeute aber eine wichtige Weichenstellung zur Stärkung der Konjunkturerholung. Besonderes Augenmerk liege dabei auf der zeitnahen Verlängerung der Arbeitslosenhilfe sowie eines neuen Fiskalpakets in den USA. Da sei es gut, eine Konstante im Bestand zu haben: Die Zentralbanken behielten ihren Kurs größtmöglicher geldpolitischer Unterstützung bei.
Am Ende der Bestandsaufnahme stehe: Covid-19 habe weiter großen Einfluss auf unser Leben und die Konjunkturentwicklung. Es kristallisierten sich regionale Unterschiede in der Bewältigung der Krise heraus, mit entsprechenden Investmentchancen – auch wenn es zwischenzeitlich zu einer Verschnaufpause in der Erholungsrally kommen könnte. (DFPA/mb1)
Quelle: Pressemitteilung Allianz Global Investors
Allianz Global Investors (Allianz GI) ist eine Vermögensverwaltung des Versicherungskonzerns Allianz. Das 1998 gegründete Unternehmen mit Sitz in München beschäftigt über 760 Anlagespezialisten und verwaltet ein Vermögen von 538 Milliarden Euro für Privatanleger und institutionelle Investoren. (Stand: 30.Juni 2020)