Verbraucher benachteiligende Klausel in Riester-Vertrag: Verbraucherzentrale verklagt Allianz
In der jüngsten Niedrigzinsphase hat die Allianz Lebensversicherungs-AG in Riester Verträgen den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor und damit die Höhe der zu erwartenden Rentenzahlungen gekürzt. Sie berief sich dabei auf eine in der Branche übliche Treuhänderklausel. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält diese Klausel für rechtswidrig und geht gegen die Allianz gerichtlich vor.
„Aktuell versuchen Versicherer sich von ihren Rentenzusagen zu lösen, indem sie sich auf eine verbraucherbenachteiligende Klausel im Kleingedruckten berufen“, kritisiert Niels Nauhauser, Abteilungsleiter bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dabei geht es um die Treuhänderklausel, mit der sich Anbieter das Recht herausnehmen, vertraglich vereinbarte Rentenzahlungen einseitig zu verringern. „Wir halten diese Klausel für rechtswidrig und gehen gerichtlich gegen die Allianz vor“, so Nauhauser weiter. Wenn das Gericht die Klausel ebenfalls für rechtswidrig erachtet, darf sich die Allianz darauf nicht mehr berufen. Kunden können dann eine Nachzahlung verlangen.
Im konkreten Fall wurde einem Verbraucher im Jahr 2006 eine als „RiesterRente InvestGarantie“ bezeichnete Rentenversicherung der Allianz verkauft, mit dem Versprechen einer Rentenzahlung in Höhe von monatlich 38,74 Euro je 10.000 Euro Policenwert. Inzwischen hat der Versicherer den Rentenfaktor auf 30,84 Euro je 10.000 Euro Policenwert gekürzt. Dies entspricht einer Kürzung um rund 20 Prozent. Als Gründe nannte die Allianz unter anderem den „Rückgang der Zinserträge am Kapitalmarkt“ und „die bereits lange andauernde aktuelle Niedrigzinsphase“. Die Allianz teilte ihrem Kunden zwar nach seiner Beschwerde mit, dass der Rentenfaktor bei veränderten Rechnungsgrundlagen wieder erhöht werde, allerdings ließ sie die genauen Umstände und Berechnungsparameter vollkommen offen.
Laut Nauhauser ist eine Kürzung der Rente zwar aufsichtsrechtlich unter bestimmten Umständen zulässig, die Treuhänderklausel der Allianz benachteilige aber Verbraucher, weil sie gegen das Äquivalenzprinzip verstoße. Die Allianz räume sich zwar einseitig das Recht zur Rentenkürzung ein, verpflichte sich aber zugleich nicht verbindlich, die Rente zu erhöhen, wenn sich die Bedingungen wieder ändern.
Die Verbraucherzentrale hält die Klausel daher für verbraucherbenachteiligend und mahnte die Allianz im September 2022 ab: Sie forderte die Allianz auf, die strittige Klausel nicht mehr zu verwenden. Da der Versicherer nicht einlenken wollte, reichte die Verbraucherzentrale Klage ein. Die Klage wird am 17. April 2023 am Landgericht Stuttgart verhandelt (Aktenzeichen: 53 O 214/22). (DFPA/JF1)
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, der Verbraucher in Fragen des privaten Konsums informiert, berät und unterstützt.