Ambulante Gesundheitsimmobilien im Fokus der Investoren
Eine politisch gewollte Ausweitung der ambulanten Versorgung, die relative Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen und eine alternde Gesellschaft: Gesundheitsimmobilien rücken zunehmend in den Fokus von Investoren. In dem „Marktreport ambulante Gesundheitsimmobilien“ des Real Estate Investment Managements (REIM) der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank in Kooperation mit dem Immobiliendienstleister CBRE, den die Unternehmen in einer Online-Pressekonferenz vorstellten, wird das Potenzial der noch jungen Assetklasse aufgeführt.
Als ambulante Gesundheitsimmobilien werden Ärztehäuser, Fachärztezentren, ambulante Rehazentren und Medizinische Versorgungszentren (MVZ), aber auch Dialysezentren und humanmedizinische Labore aufgeführt. Auf die künftige Nachfrage nach entsprechenden Objekten besteht laut Marktreport unter anderem aufgrund der demografischen Entwicklung eine hohe Sicherheit. Der Anteil der über 67-Jährigen wird im Jahr 2040 bei rund 25 Prozent liegen und einen signifikanten Einfluss auf die deutsche Gesundheitswirtschaft haben. Damit werden auch verschiedene Krankheitsbilder und Mehrfacherkrankungen in der Bevölkerung zunehmen – und somit eine Belastung des Gesundheitssystems, weil mehr pflegerische und medizinische Leistungen nachgefragt werden. Diese medizinischen Leistungen sollen künftig verstärkt nicht mehr im Krankenhaus durchgeführt werden, sondern in ambulante Einrichtungen verlagert werden. Das zeigt sich nicht zuletzt durch die jüngste Erweiterung des Katalogs für ambulante Operationen (AOP-Katalog). Nachdem dieser Anfang 2023 um etliche Operationsmöglichkeiten nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Kodes) erweitert wurde, kamen ab dem 1. Januar 2024 weitere OPS-Kodes dazu. Damit wird man künftig – so die Schätzungen - rund 300.000 vollstationäre Fälle pro Jahr vermeiden können und dem Vorbild von Ländern wie etwa Dänemark und Norwegen folgen, wo wesentlich mehr ambulant operiert wird. Und noch ein Grund spricht für ambulante Gesundheitsimmobilien: Während Pflegeheime durch Kostensteigerungen, Fachkräftemangel und Betreiberinsolvenzen unlängst unter Druck geraten sind, ist das Marktumfeld für Ärztehäuser und Gesundheitszentren stabil und relativ konjunkturunabhängig. Die Gründe für deren hohe Wertstabilität: Unter anderem hohe Indexierungen in den Mietverträgen und eine diversifizierte Mieterstruktur. Das Segment sei damit skalierbarer als andere Assetklassen. Insgesamt erreichte das Transaktionsvolumen in dem Segment im Jahr 2023 mit 931 Millionen Euro knapp die Eine-Milliarde-Euro-Marke. Mit 578 Millionen Euro entfielen fast zwei Drittel des Transaktionsvolumens 2023 (62 Prozent) auf Pflegeheime. Auf Platz zwei lag Betreutes Wohnen mit 262 Millionen Euro (28 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr wurden 55 Prozent beziehungsweise 50 Prozent weniger investiert. In Kliniken und Reha-Kliniken wurden insgesamt 170 Millionen Euro (anteilig sechs Prozent) investiert; 31 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Am stärksten fiel der Rückgang bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren aus. Mit 39 Millionen Euro lag das Transaktionsvolumen um 93 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres, in dem allerdings mit rund 541 Millionen Euro auch ein historisches Rekordvolumen erreicht worden war. Zudem wurde im zurückliegenden Jahr keine Transaktion im dreistelligen Millionenbereich registriert. Für CBRE und die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, die in dem Bereich den Spezialimmobilienfonds „H&A Soziale Infrastruktur“ aufgelegt hat, zeigt sich damit allerdings nur, dass das im Markt vorhandene Angebot an modernen und qualitativ hochwertigen Ärztehäusern nicht die große Nachfrage auf Investoren-Seite decken kann. Denn vor allem seit Ausbruch der Corona-Pandemie zeigten Investoren verstärktes Interesse, dieses Anlagesegment aufgrund höherer Renditen zur Beimischung in ihren Bestandportfolios zu nutzen - oder eigene assetklassenspezifische Vehikel aufzulegen. „Dank der damit verbundenen sozialen Aspekte unterstützt dies die Investoren auch in ihrem Bestreben, die gesteckten ESG-Ziele zu erreichen“, sagt Dr. Jan Linsin, Head of Research Germany bei CBRE. Er spricht von dem Segment als „Nische, die extrem viel Interesse erfährt“, und zwar „sowohl von der Öffentlichkeit als auch von Investoren“. Insgesamt wurden seit 2011 rund 26 Milliarden Euro in die Assetklasse Gesundheitsimmobilien getätigt, in Ärztehäuser und Gesundheitszentren flossen davon rund 2,2 Milliarden Euro. Der deutsche Investmentmarkt in diese Häuser und Zentren wird dabei von inländischen Käufern, meist institutionellen Investoren aus dem Bereich der offenen Immobilienspezialfonds, dominiert. Diese sind für 80 Prozent des seit 2011 in dieser Assetklasse allokierten Transaktionsvolumens verantwortlich.
Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment bei Hauck Aufhäuser Lampe, kommentiert: „Im Fokus unserer Fonds für institutionelle Investoren steht der Ankauf von Ärztehäusern und Gesundheitszentren mit einem diversifizierten Mietermix. Kleinteilige Objekte, zum Beispiel mit einer Büronutzung im Erdgeschoss und ein bis zwei kleinen Arztpraxen im ersten Stockwerk, sehen wir für institutionelle Anleger nicht als investitionsfähiges ambulantes Gesundheitszentrum an.“ Vielmehr zählen Immobilien mit einer Nutzfläche zwischen 1.000 und 10.000 Quadratmetern und einem überwiegenden Anteil gesundheitsaffiner Nutzer dazu. Im Gegensatz zu vielen anderen Assetklassen muss es bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren hinsichtlich des Standortes nicht unbedingt immer eine Top-7-Stadt sein. Im Gegenteil – die höheren Renditen ließen sich auch langfristig eher in C- und D-Städten generieren oder sogar in den größeren Mittelstädten ab 50.000 Einwohnern. Der kooperative Gedanke einer fachübergreifenden ärztlichen Versorgung steht bei den Immobilien dabei im Vordergrund. Bei einem Ärztehaus beispielsweise wäre ein ambulantes Gesundheitszentrum gegeben, wenn eine mieterseitigen Erweiterung um Gesundheitsberufe wie Zahnmedizin, Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie erfolgt. Dort sind in der Regel auch weitere gesundheitsaffine Dienstleister wie Apotheke, Sanitätshaus, Hörakustiker oder Optiker vertreten.
Wie viele entsprechende Immobilien momentan schon auf dem Markt sind, ist allerdings schwer zu bestimmen: „Zur aktuellen Anzahl von ambulanten Gesundheitsimmobilien gibt es keine validen Daten. Aufgrund der Heterogenität im Mietermix solcher Immobilien und des schwankenden Anteils gesundheitsaffiner Nutzer ist eine einheitliche Kategorisierung nur schwer möglich. Wie viele ambulante Gesundheitsimmobilien in Zukunft zusätzlich benötigt werden, hängt davon ab, wie der Ansatz ,ambulant vor stationär‘ konkret umgesetzt wird“, sagt Felix Rotaru, Director Healthcare bei Hauck Aufhäuser Lampe, auf Anfrage von EXXECNEWS.
Marco Schnell, Senior Director Investment Advisory Services bei CBRE, sagt: „Wir erwarten, dass sich durch das hohe Investoreninteresse im Jahresverlauf 2024 eine größere Dynamik auf dem Investmentmarkt ergibt. So könnte die geplante Krankenhausreform dazu führen, dass kleinere und unprofitablere Krankenhäuser in eher ländlichen Regionen schließen müssen. Hiervon könnten Ärztehäuser und Gesundheitszentren profitieren, da sie künftig einen Großteil der primären, ambulanten Gesundheitsversorgung übernehmen werden. Für langfristig orientierte Immobilieninvestoren ergeben sich somit entsprechend attraktive Investmentchancen.“ Unterstützend wirke, dass der Preisfindungsprozess am Gesundheitsimmobilienmarkt größtenteils abgeschlossen sein dürfte. Zum Jahresende 2023 lag die Spitzenrendite (Nettoanfangsrendite) für Ärztehäuser und Gesundheitszentren mit 4,8 Prozent um 0,7 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. (DFPA/MB)
Der Beitrag erschien zuerst in EXXECNEWS 05/2024.