2024 wird das Jahr der Zinssenkungen

Kommentar von Felix Herrmann (Aramea Asset Management) zum Ausblick auf das Kapitalmarktjahr 2024. Seiner Einschätzung nach eröffnet die konjunkturelle Lage Spielraum für Zinssenkungen. Er mahnt hinsichtlich der Inflationsentwicklung aber zu Vorsicht – und ist für Anleihen und Aktien optimistisch:

Felix Herrmann
Felix Herrmann

Für das Kapitalmarktjahr 2024 bin ich grundsätzlich zuversichtlich gestimmt. Das liegt insbesondere an der konstruktiven Erwartung für die internationalen Rentenmärkte. Diese dürften aus Sicht eines Euro-Anlegers einen positiven Ertrag von mehr als fünf Prozent liefern und somit das Jahr 2023 in Sachen Performance toppen. An den Aktienmärkten werden die Bäume 2024 wohl nicht in den Himmel wachsen, die starke Entwicklung aus diesem Jahr wird sich kaum wiederholen lassen. Allerdings spricht aus meiner Sicht vor allem der Ausblick auf fallende Leitzinsen in den USA und der Eurozone für Rückenwind – nicht nur für die Renten-, sondern eben auch für die Aktienmärkte.

Im Jahr 2023 machte sich der „Zinsschmerz“ wider Erwarten noch nicht so richtig bemerkbar. Dies galt insbesondere für die USA. Der Eurozone erging es zwar schlechter, jedoch blieb hier eine wirklich schmerzhafte Rezession bislang ebenfalls aus. 2024 werden auch die USA den Zinsdämpfer stärker zu spüren bekommen. In den kommenden Monaten droht eine deutliche Abkühlung inklusive schwächelnder Arbeitsmärkte. Ich halte eine US-Rezession nach wie vor für unwahrscheinlich. Dennoch wird insbesondere ein weniger ausgabefreudiger Verbraucher das Wachstum dämpfen. Auch die Fiskalpolitik wird immer mehr zu einem Klotz am Bein der US-Konjunktur. Im weiteren Jahresverlauf dürften jedoch niedrigere Zinsen und somit lockerere Refinanzierungsbedingungen das Wachstum stützen.

Die Eurozone befindet sich derweil bereits tief in einer Stagnationsphase. Seit dem vierten Quartal 2022 liegt das Wachstum quasi bei null Prozent. Deutschland bildet bekanntermaßen das Wachstumsschlusslicht. Im ersten Quartal 2024 ist mit einem Tiefpunkt zu rechnen. Die darauffolgende Erholung dürfte jedoch alles andere als kraftvoll ausfallen.

Der bisherige Inflationsrückgang in der westlichen Welt war zuvorderst angebotsseitig bedingt. Soll heißen: weniger Lieferkettenprobleme und niedrigere Energie- und Nahrungsmittelpreise. 2024 wird wohl auch die Nachfrage den Disinflationstrend befeuern. Gleiches gilt für Überkapazitäten im verarbeitenden Gewerbe in China, die sich bereits in fallenden Importpreisen niederschlagen. Diese Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der unterliegende binnenwirtschaftliche Inflationsdruck in den nächsten Jahren hoch bleiben wird.

Zinssenkungen in den USA und der Eurozone

Mit Blick auf die Zentralbanken wird 2024 das Jahr der Zinssenkungen. Ob diese jedoch so zeitnah erfolgen, wie es die Marktteilnehmer derzeit hoffen, ist fraglich. Ich rechne mit einer ersten Zinssenkung der US-Notenbank Federal Reserve im zweiten Quartal 2024 und der Europäischen Zentralbank im dritten Quartal 2024. Die dann beginnenden Leitzinssenkungszyklen könnten zumindest bis zu den jeweils neutralen Leitzinsniveaus recht aggressiv ausfallen.

Es wäre sicherlich ein Fehler, den Inflationsrückgang der letzten Monate fortzuschreiben, da die Teuerung aufgrund enger Arbeitsmärkte und stärkerem Lohndruck strukturell erhöht bleiben dürfte. Zudem möchten die Notenbanken sicherlich den Fehler der Fed aus den 1990er-Jahren vermeiden. Damals musste sie erste zaghafte Zinssenkungen wenige Monate später wieder korrigieren, weil die Inflation erneut zu klettern begann. Den Erfolg bei der Inflationsbekämpfung aufs Spiel zu setzen, wäre der schlimmste Fall. Dennoch: Nach den viel zitierten Verzögerungen fängt die Geldpolitik nun an zu wirken, und das offenbar etwas stärker als erwartet. Insofern eröffnet sich der Spielraum für Senkungen im kommenden Jahr – auch, weil die Konjunktur schon längst in einer Verfassung ist, die erste Senkungen zulässt. Gleiches gilt für die EZB. In Summe erwartet der Markt für das Jahr 2024 in beiden Währungsräumen aktuell sechs Senkungsschritte à 25 Basispunkte.

Nachranganleihen attraktiver als Hochzinspapiere

Im Rentenmarktjahr 2023 galt: Je riskanter die Assetklasse, desto besser die Performance. Ein ähnliches Muster erwarten wir auch für das neue Jahr – wenngleich unter etwas anderen Vorzeichen. Für die kommenden Monaten erwarten wir eine bullishe Versteilerung sowohl der Bund- als auch der US-Staatsanleihekurve.

Euro-Anleihen preisen derweil ein, dass die Eurozone 2024 in keine schwere Rezession abgleiten wird. Die Spreads sind bereits ausgesprochen eng, wenngleich immer noch deutlich weiter als vor der Coronakrise beziehungsweise dem Ukrainekrieg. Entsprechend kann man durchaus von einer fairen Bewertung sprechen und darf gleichzeitig auf weitere – moderate – Spread-Einengungen hoffen, wenn der breite Rentenmarkt von der Leitzinseuphorie angesteckt wird. Für eine Outperformance riskanterer Segmente des Rentenmarkts genügt aber bekanntlich bereits ein konstantes Spreadniveau.

Vorsichtiger sind wir im kommenden Jahr im Bereich der Hochzinsanleihen. Diese könnten einerseits unter der aktuellen Konjunkturschwäche, andererseits unter der sich abzeichnenden „Maturity Wall“ – wenn viele Papiere fällig werden – leiden. Diese wird zwar erst 2025 und 2026 so richtig steil, dürfte aber bereits 2024 steigende Refinanzierungsvolumina zur Folge haben. Als weitaus attraktiver erachten wir daher Euro-Nachranganleihen, die nur von bonitätsstarken Emittenten begeben werden können.

Mehr als zehn Prozent Rendite am Aktienmarkt möglich

Am Aktienmarkt sollten eine weiche Landung der US-Wirtschaft sowie die zumindest in Europa berechtigte Hoffnung auf Bewertungszuwächse im kommenden Jahr, Gesamterträge von knapp über zehn Prozent für Euro-Anleger möglich machen. Historisch betrachtet sind US-Wahljahre zudem häufig erfreuliche Aktienmarktjahre gewesen. Das gilt vor allem dann, wenn ein Republikaner das Rennen macht – und ich rechne Stand heute mit einem Wahlsieg Donald Trumps. Eine stärkere Differenzierung des Aktienportfolios nach Sektoren und Faktoren ist jedoch das Gebot der Stunde.

War 2022 noch das Jahr der Value-Titel, so lag in diesem Jahr der Fokus klar auf Werten, die in einem Umfeld stark gestiegener Kosten diese an ihre Kunden weiterreichen konnte. Und das waren nun einmal zuvorderst jene Mega Large Caps, die in den USA und in geringerem Maße auch in Europa den Markt deutlich übertreffen konnten. Im Jahr 2024 sollte sich diese Outperformance zunächst fortsetzen – insbesondere, solange der konjunkturelle Wind von vorne weht. Der Blick auf die Resistenz von Margen wird zunächst entscheidend sein. Mit weiter fallenden Inflationsraten – und somit auch nachlassendem Kostendruck – sowie einer Erholung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte im Anschluss an eine weiche Landung im ersten Halbjahr könnte es dann jedoch zu einer Wachablösung kommen.

Auf Sektorebene bevorzugen wir Technologietitel. Zudem halten wir dividendenstarke Versorger und Telekommunikationstitel sowie vor allem europäische Bankentitel aufgrund der günstigen Bewertungen und der hohen Profitabilität für attraktiv. Gegen eine kurzfristige Korrektur in den ersten Wochen des neuen Jahres kann man sich aktuell recht preisgünstig mit Optionen absichern, was angesichts der starken Rally der letzten Wochen ratsam erscheint

Felix Herrmann ist Chefvolkswirt und Portfoliomanager beim unabhängigen Vermögensverwalter Aramea Asset Management mit Sitz in Hamburg. Das 2007 gegründete Unternehmen beschäftigt 33 Mitarbeiter und verwaltet über vier Milliarden Euro Assets under Management in Publikums- und Spezialfonds sowie Vermögensverwaltungsmandaten.

www.aramea-ag.de

Zurück

Gastbeiträge

Datenschutzeinstellungen

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern.
In dieser Übersicht können Sie, einzelne Cookies einer Kategorie oder ganze Kategorien an- und abwählen. Außerdem erhalten Sie weitere Informationen zu den verfügbaren Cookies.
Gruppe Essenziell
Name Contao CSRF Token
Technischer Name csrf_contao_csrf_token
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Dient zum Schutz der Website vor Fälschungen von standortübergreifenden Anfragen . Nach dem Schließen des Browsers wird das Cookie wieder gelöscht
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name PHP SESSION ID
Technischer Name PHPSESSID
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Cookie von PHP (Programmiersprache), PHP Daten-Identifikator. Enthält nur einen Verweis auf die aktuelle Sitzung. Im Browser des Nutzers werden keine Informationen gespeichert und dieses Cookie kann nur von der aktuellen Website genutzt werden. Dieses Cookie wird vor allem in Formularen benutzt, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen. In Formulare eingegebene Daten werden z. B. kurzzeitig gespeichert, wenn ein Eingabefehler durch den Nutzer vorliegt und dieser eine Fehlermeldung erhält. Ansonsten müssten alle Daten erneut eingegeben werden.
Erlaubt
Gruppe Analyse
Name Google Analytics
Technischer Name _gat,_ga_gid
Anbieter Google
Ablauf in Tagen 1
Datenschutz https://policies.google.com/privacy
Zweck Tracking
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name Contao HTTPS CSRF Token
Technischer Name csrf_https-contao_csrf_token
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Dient zum Schutz der verschlüsselten Website (HTTPS) vor Fälschungen von standortübergreifenden Anfragen. Nach dem Schließen des Browsers wird das Cookie wieder gelöscht
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name FE USER AUTH
Technischer Name FE_USER_AUTH
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Speichert Informationen eines Besuchers, sobald er sich im Frontend einloggt.
Erlaubt