Studie: Deutsche Banken setzen auf Digitalisierung und schließen Filialen
Die Banken stehen in Deutschland in Folge des anhaltenden Zinstiefs unter Druck. Sinkende Margen, eine schwächere Kapitalrentabilität und eine gleichzeitig stark gestiegene Regulierung erhöhen den Handlungsbedarf für die Finanzinstitute. Gleichzeitig müssen sie in Sachen Digitalisierung nachlegen. Das geht aus der Kreditmarktstudie 2020 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervor, für die 127 Banken und Sparkassen befragt wurden.
Innovative Fintechs entwickeln sich mit ihren Dienstleistungen zu einer ernsthaften Konkurrenz für die Geldinstitute. So fühlen sich 76 Prozent der befragten Banken durch internetbasierte Zahlungssysteme bedroht. Eine Gefahr sehen 63 Prozent auch in digitalen Marktplätzen und 54 Prozent im Open Banking, also dem Öffnen von Banken und dem Teilen von Daten durch die Einführung der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2. Sie bedeutet einen radikalen Schnitt, da Banken bestimmte Kundendaten der Konkurrenz zur Verfügung stellen müssen. Neue Wettbewerber drohen somit den Banken Kunden abspenstig zu machen, wie 60 Prozent der befragten Geldhäuser befürchten.
„Ein Großteil der Banken sieht in der Digitalisierung noch zu sehr eine Bedrohung und vernachlässigt den Blick auf das große Potenzial“, sagt Christoph Roessle, Partner bei EY. „Die Banken verfügen über einen immensen Schatz an Daten über ihre Kunden, die sie an unterschiedlichen Stellen erfassen und speichern, aber noch nicht umfassend auswerten und nutzen.“ So könnten die Banken mit Hilfe dieser Daten maßgeschneiderte Produkte entwickeln. Dank der Digitalisierung können die Geldhäuser auch die Qualität des Risikomanagements erhöhen. So lassen sich zum Beispiel mit Hilfe der künstlichen Intelligenz die Bonitätsprüfung und Kreditvergabe verbessern.
„In einem durch Wandel geprägten Umfeld bietet die Digitalisierung enorme Chancen. Sie kann einen wichtigen Beitrag leisten, um Geschäftsmodelle anzupassen oder sogar neue zu entwickeln und die Wettbewerbsposition zu verbessern“, betont Roessle.
Eine große Mehrheit von 90 Prozent der befragten Banken nennt die Reduktion von Kosten als Hauptgrund für Investitionen in die Digitalisierung. Immerhin 85 Prozent wollen mit ihrer Hilfe aber auch ihre Wettbewerbsposition stärken und in den kommenden Jahren wachsen. Befragt danach, welche Bereiche besonders stark von der Digitalisierung betroffen sein werden, nennen neun von zehn deutschen Finanzinstituten das Privatkundengeschäft, gefolgt von den Wertpapierdienstleistungen mit 62 Prozent.
Investitionen kosten aber Geld, die die Banken in Anbetracht ihrer sinkenden Ertragskraft nicht mehr so leicht finanzieren können. Immerhin 81 Prozent der befragten Banken sind der Meinung, dass sie mit höheren Erträgen aus dem Provisionsgeschäft die Digitalisierung finanzieren können. Fraglich bleibt, ob höhere Provisionen in einem für Banken schwierigen Umfeld überhaupt möglich sind. 69 Prozent sehen in geringeren Personalkosten und 50 Prozent in der Schließung von Filialen einen Weg, um die Investitionen zu finanzieren. „Die Digitalisierung dürfte das Filialsterben weiter beschleunigen. Zum einen, weil immer mehr Prozesse online stattfinden. Zum anderen aber auch, weil die dafür erforderlichen Finanzmittel durch Einschnitte beim Filialnetz freigesetzt werden sollen“, fasst Griess zusammen. (DFPA/TH1)
Quelle: Pressemitteilung EY
EY (Ernst & Young) ist ein globales Netzwerk rechtlich selbstständiger und unabhängiger Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Unternehmens- beziehungsweise Managementberatung. Der Hauptsitz der Gesellschaft ist London. Die Gruppe beschäftigt über 284.000 Mitarbeiter in mehr als 150 Ländern.