Studie: Jede zweite Bank will Gebühren anheben
Bankkunden in Deutschland müssen sich auf höhere Ausgaben für Bankgeschäfte einstellen. Jedes zweite Institut will an der Gebührenschraube drehen, um die Einnahmen zu steigern. Geplant sind neben Preiserhöhungen auch die Einführung gänzlich neuer Gebühren. Das geht aus dem „Branchenkompass Banking 2018“ der Management- und Technologieberatung Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut hervor. Mehr als hundert Führungskräfte aus der Bankenbranche wurden befragt.
Großbanken und Kreditgenossenschaften wollten überdurchschnittlich oft neue Gebühren einführen oder die Preise für bestimmte Leistungen anheben. Einer der Gründe: International gelte das Privatkundengeschäft als lukrativ. Die Umsätze steigen. Deutsche Banken treten laut Branchenkompass jedoch auf der Stelle, obwohl Bankdienstleistungen im EU-Vergleich hierzulande sogar noch als günstig gelten. In vielen Nachbarländern bezahlten Kunden teils deutlich mehr. „EU-weit liegt das deutsche Gebührenniveau für Bankgeschäfte im unteren Mittelfeld“, erklärt Tobias Keser, Business Unit Director Banking bei Sopra Steria Consulting.
Der Experte warne jedoch davor, die Gebührenschraube zu überdrehen. 2017 haben die Banken bereits die höchsten Provisionserlöse seit mehr als zehn Jahren eingefahren und konnten die Niedrigzinseffekte ein gutes Stück auffangen. Das Problem: Diese Einnahmen erzielten viele Institute vor allem mit teuren Standardleistungen, die zudem für Verbraucher sehr leicht zu vergleichen sind. So schlage schon das einfachste Girokonto, das nur Überweisungen und Zahlungen per Bankkarte ermöglicht, mit durchschnittlich 6,45 Euro monatlich zu Buche. In der Spitze werden sogar bis zu 8,99 Euro für das Basiskonto fällig. Im Jahr können so Kosten von fast 200 Euro entstehen. „Selbst die SMS-Nachricht mit der TAN für eine Überweisung kostet Geld, auch wenn diese Gebühren eher als Anreiz dafür dienen, das kostengünstigere Foto-TAN-Verfahren zu nutzen“, so Keser. Ohne spürbaren Mehrwert höhere Gebühren zu verlangen, treibe die Kunden zur digitalen Konkurrenz. Technologieriesen wie Apple und Google werden mittlerweile von 39 Prozent der Banken als Wettbewerber wahrgenommen. Sie seien mit etablierten Ökosystemen am Markt aktiv und verfügen bereits über eine loyale, für digitale Finanzdienste offene Kundenbasis. Fintechs dagegen sieht Keser längst eher als potenzielle Partner für die Institute denn als aggressive Wettbewerber. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, sich mit digitalen Anbietern zu verbünden, neue Services zu entwickeln und mit einer eigenen Plattform auf den Markt zu gehen“, sagt Keser. „Differenzierung findet künftig über das Kundenerlebnis als Ganzes statt. Wer seinen Kunden klarmachen kann, was sie bei einem Anbieterwechsel alles verpassen, bekommt seine Leistungen auch gut bezahlt.“
Kurzfristig dürfte der Druck auf die Preise weiter zunehmen - auch weil Verbraucherschützer gegen Gebührenerhöhungen vorgehen. Tobias Keser sieht nicht zuletzt deshalb das etablierte Geschäftsmodell vieler Banken auf dem Prüfstand. Denkbar sei, dass sich die Branche in Kundenbanken, Produktbanken und Transaktionsdienstleister teilen könnte: „Es ist nicht unmöglich, dass Banken in einigen Jahren bei großen Internetkonzernen wie Amazon ,wildern‘, so wie es heute umgekehrt geschieht“, so Keser.
Quelle: Pressemitteilung Sopra Steria Consulting
Sopra Steria Consulting ist eine Management- und Technologieberatung. Das Angebotsportfolio umfasst Beratung, Systemintegration, Softwareentwicklung, Infrastrukturmanagement und Business Process Services. Mit mehr als 42.000 Mitarbeitern in über 20 Ländern erzielte Sopra Steria 2017 einen Umsatz in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. (mb1)