Provisionsverbot für Versicherungs- und Anlagevermittler – hilft der Blick ins Ausland?
Die Politik macht weiter Druck auf die Vermittlerbranche. Die Auswirkungen des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) sind noch lange nicht klar, und doch verdeutlichen die Gesetzgeber in Brüssel und Berlin in den Diskussionen um die Richtlinien MiFID II und IDD, dass ein tiefgreifender Wandel des Vertriebsmarktes das Ziel ist, so heißt es in einem Marktkommentar von Christian Mylius, Managing Partner und Leiter der Insurance Practice der Managementberatung Innovalue.
Verbraucherschützer und Politiker ziehen gerne die Niederlande, Großbritannien oder skandinavische Länder wie Schweden und Finnland als gelungene Beispiele heran, weil in diesen Ländern bereits ein umfassendes Provisionsverbot bei Geldanlagen gilt. Unbestreitbar habe ein Provisionsverbot Einfluss auf die Zahl der Berater. In Großbritannien kommen auf 1.000 Einwohner durchschnittlich 0,5 Vermittler, in Deutschland dagegen sind es noch rund drei Vermittler je 1.000 Einwohner. Einsparpotenziale scheinen möglich. Aber ist dies im Sinne der Kunden?
Englische Marktbeobachter bestätigen, dass die Beratung objektiver geworden sei, Verkaufsskandale als Folge provisionsmotivierter Beratung bleiben aus. Aber auch die von Vermittlern angeführten negativen Auswirkungen treten ein: Viele Menschen erhalten schlicht keine Beratung mehr, weil sie nicht bereit sind, dafür unabhängig vom Ergebnis zu zahlen. Die Regierung versucht nun mit neuen Maßnahmen gegenzulenken, deren Kosten von Versicherungen und Banken getragen werden sollen – und am Ende doch wieder an die Kunden weitergereicht werden. Auch in den Niederlanden hat der Gesetzgeber auf eine Häufung von Fehlberatungsskandalen reagiert: Seit Anfang 2013 besteht ein generelles Provisionsverbot für alle komplexen Produkte, im Bereich fondsgebundener Lebensversicherungen durch unabhängige Berater sogar seit 2008.
Großbritannien und die Niederlande stehen für massive Eingriffe, deren Auswirkungen auf die Versorgung der Kunden zunächst falsch eingeschätzt wurden, weshalb der Gesetzgeber mehrfach nachbessern musste. Schweden und Finnland stehen für einen anderen Weg: Dort hat die Branche mit eigenen Vorschlägen die Regulierung angestoßen und konstruktiv begleitet, oder sogar durch freiwillige Maßnahmen der Branche selbst ein Eingreifen des Gesetzgebers verhindert. Beide Länder verzeichneten im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 jährlich eine Steigerung der Bruttobeitragseinnahmen, während es in Großbritannien und den Niederlanden im gleichen Zeitraum zu Rückgängen kam.
In Deutschland biete die Vermittlerdichte sowohl einen Anlass für, als auch Schutz vor einem Markteingriff durch die Politik. Deshalb ist laut Marktkommentar ein vollumfängliches Provisionsverbot unwahrscheinlich, denn neben einer Unterversorgung wäre auch die von Arbeitslosigkeit bedrohte Berufsgruppe der Vermittler zu groß. So wird Raum für Geschäftsmodelle bleiben, die Vermittlern auch künftig ein entsprechendes Auskommen ermöglichen. Versicherer seien gut beraten, ihre Vertriebspartner auf die „neuen Zeiten“ vorzubereiten. Und dazu gehöre nicht nur der Trend zu Transparenz, Nettotarifen und Honoraren, sondern auch das veränderte Kundenverhalten im Zuge der Digitalisierung. Ein Investment in die Unterstützung, technische Ausstattung und letztlich Qualität der Vertriebspartner sei dringend angeraten.
Quelle: Pressemitteilung Innovalue
Innovalue ist eine strategische Managementberatung für die Finanzdienstleistungsindustrie. Das 2001 gegründete Unternehmen ist spezialisiert auf die Bereiche Insurance, Payment und Banking. (mb1)