ESRB: Lebensversicherer bedrohen Finanzsystem
Am 29. Juli 2015 meldete „Fondsprofessionell“ in seiner Online-Ausgabe, dass die Finanzwächter des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) der Meinung sind, dass viele Lebensversicherer zu wenig Kapital haben, um die Forderungen ihrer Kunden langfristig bedienen zu können. Der in Frankfurt ansässige Expertenrat, der helfen soll, künftige Finanzkrisen zu vermeiden, befürchtet, dass zahlreiche Kunden ihre Policen kündigen könnten, wenn sie das Vertrauen in die Stabilität der Lebensversicherer verlieren. Dann müssten sich die Anbieter in großem Umfang von ihren Investments trennen. Besorgt seien die Experten insbesondere mit Blick auf Anbieter aus Deutschland, Österreich, Schweden und den Niederlanden.
Unter anderem fordert der ESRB eine EU-weite Auffanglösung für Lebensversicherer. Nationale Lösungen wie Protektor in Deutschland seien nicht ausreichend.
Assekuranz-Konzerne wie Allianz, Munich Re oder Talanx sollten außerdem daran gehindert werden, von ihren Lebensversicherungstöchtern eine Dividende zu verlangen, so der Expertenausschuss. Das Geld sollte besser dazu verwendet werden, die Widerstandsfähigkeit der Lebensversicherer gegen Krisen zu stärken.
Um die Branchen krisenresistenter zu machen, greifen von 2016 an neue Eigenkapitalregeln, Solvency II genannt. Einige Punkte dieser neuen Regeln kritisiert der ESRB jedoch scharf. So würden die Zinsannahmen in Solvency II die wahre Höhe der Verpflichtungen der Lebensversicherer verschleiern. So sei die Annahme, langfristig könnten die Anbieter mit ihren Kapitalanlagen risikolos 4,2 Prozent pro Jahr verdienen, „wahrscheinlich zu hoch“. Die nationalen Aufseher sollten diesen Satz um 0,5 bis 1,0 Prozentpunkte senken, so die Forderung des Ausschusses. Das würde jedoch bedeuten, dass die Lebensversicherer deutlich höhere Rückstellungen bilden müssten, wogegen sich die Branche entschieden wehre.