Scope: Anlegerstopp bei Offenen Immobilienfonds
Bei Offenen Immobilienfonds sind neue Anleger derzeit nicht gern gesehen, beobachtet das Analysehaus Scope Ratings. So nehmen beispielsweise die drei Flaggschiff-Fonds der Volksbanken-Fondsgesellschaft Union Investment derzeit kein neues Geld mehr an, auch die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka hat ihre Zielmarke für neu anzulegendes Geld in ihren Offenen Immobilienfonds für das laufende Jahr fast erreicht. „Das tut den Anbietern zwar weh, aber die Fondsmanager wissen derzeit einfach nicht wohin mit all dem Geld“, sagt Sonja Knorr, Director Alternative Investments bei Scope Ratings.
Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres sind den in Deutschland zugelassenen aktiven Offenen Immobilienpublikumsfonds 2,2 Milliarden Euro zugeflossen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 waren es 3,9 Milliarden Euro, im deutlich stärkeren Jahr 2015 dann 5,3 Milliarden Euro. Nun bahnt sich eine weitere Steigerung an. „Die Mittelzuflüsse sind derzeit extrem hoch“, beobachtet Knorr. Hauptgrund: Das Niedrigzinsniveau erhöht die Anziehungskraft von Sachwerten und treibt immer mehr Anleger in Offene Immobilienfonds.
Deren Emittenten sehen sich deshalb zunehmend gezwungen, den Geldzufluss zu reglementieren. „Eine hohe Liquidität in den Fonds kostet im aktuellen Umfeld nun einmal Rendite“, sagt Knorr. Die Fondsmanager müssen mit realen Negativzinsen leben, wenn sie das Geld der Anleger nicht gleich unterbringen können. Zugleich treibe das Zinstief die Immobilienpreise. Zuletzt mussten die Fonds daher immer höhere Risiken eingehen, um frisches Geld rentierlich anzulegen. Sie hätten zum Beispiel so genannte Core-plus-Objekte gekauft, die durch Modernisierungsmaßnahmen erst noch optimiert werden müssen. Zudem würden verstärkt noch fertig zu stellende Projektentwicklungen angekauft, bei denen das Risiko besteht, dass sie nach Fertigstellung nicht zu den geplanten Konditionen vermietet werden können. Zugleich hätten Fondsmanager in Metropolen Immobilien in weniger attraktiven B-Lagen zugekauft und auch Objekte abseits der A-Standorte erworben, letztere allerdings meist in guten Lagen.
Der nächste Schritt wäre, auch Immobilien an B-Standorten in B-Lagen zu kaufen, also weniger attraktive Objekte in Kleinstädten und ländlichen Gebieten. „Die Risiken bei solchen Objekten sind allerdings ungleich höher“, sagt Knorr. Entsprechend groß sei die Gefahr, bei einer Abkühlung des Immobilienmarktes herbe Verluste zu erleiden, wenn Kunden Geld abziehen und die Fonds Objekte verkaufen müssen. „Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass die Fonds Zuflüsse stoppen, statt ständig wachsende Risiken einzugehen“, analysiert Knorr.
Quelle: Pressemitteilung Scope Ratings
Die 2002 gegründete Scope-Unternehmensgruppe ist eine bankenunabhängige Ratingagentur mit Sitz in Berlin. Sie ist auf das Rating von Unternehmen, Anleihen, Fonds und Zertifikaten spezialisiert. (JF1)