Bestandsgarantien üben zunehmend Druck auf die Lebensversicherer aus
Der Bestand an Zinszusatzreserve (ZZR) ist branchenweit auf mittlerweile rund 45 Milliarden Euro angewachsen, führt aber bereits zu einer spürbaren Entlastung der Garantieanforderungen um durchschnittlich fast 0,60 Prozentpunkte. Dies ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie zu Überschussbeteiligungen und Garantien in der Lebensversicherung der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur. Damit zeige die ZZR beachtliche Wirkung auf die garantierte Verzinsung der Versichertenbestände. Allerdings werde bei einer unveränderten Berechnungsmethodik das Niedrigzinsumfeld in den kommenden Jahren weiter deutlich steigende Zuführungen nach sich ziehen. Somit scheine eine Neukalibrierung der ZZR aus Sicht von Assekurata zwingender denn je notwendig.
Mithilfe der Zinszusatzreserven haben die Lebensversicherer seit dem Bilanzjahr 2011 die Garantiezinsanforderung in ihren Beständen effektiv reduziert. Diese liegt Ende 2016 unter Berücksichtigung der ZZR bei durchschnittlich 2,32 Prozent, so die Studie. Ohne ZZR lägen die Bestandsgarantien mit 2,89 Prozent um 57 Basispunkte höher. „Dies zeigt, dass die Zinszusatzreserve ökonomisch wirkt und die bilanzielle Widerstandsfähigkeit der Anbieter messbar stärkt“, erläutert Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH.
Allerdings belasten die Zuführungen zur ZZR die Ertragslage der Lebensversicherer und damit deren finanziellen Spielraum für höhere Überschussbeteiligungen in beträchtlichem Maße. Ein Vergleich der Zuführungen zur ZZR mit dem hiernach verbleibenden Rohüberschuss aus dem Jahr 2015 zeige, dass bereits zu diesem Zeitpunkt beide Komponenten durchschnittlich etwa gleich hoch ausgefallen waren. Für das Jahr 2016 wird sich dieses Verhältnis aufgrund der nochmals deutlich gestiegenen ZZR-Zuführungen weiter zu Lasten des Rohüberschusses verschieben, so Assekurata.
Die ZZR-Zuführung im Jahr 2016 summiert sich branchenweit auf einen neuen Höchstwert von 13 Milliarden Euro. „Insgesamt erreicht der Bestand der in der Zinszusatzreserve vorhandenen Mittel Ende 2016 damit ein Gesamtvolumen von rund 45 Milliarden Euro“, rechnet Heermann vor. Im Vergleich dazu lag das gesamte bilanzielle Eigenkapital der Lebensversicherer Ende 2016 bei etwa 16 Milliarden Euro. „Damit haben die deutschen Lebensversicherer in den vergangenen sechs Bilanzjahren bereits knapp das Dreifache ihres bilanziellen Eigenkapitalbestands als zusätzliche Zinsvorsorge nachreserviert“, betont Heermann und ergänzt eine weitere Relation: „Allein für die ZZR-Zuführung im Jahr 2016 mussten die Lebensversicherer rechnerisch 1,60 Prozent Nettozins aus ihren Kapitalanlagen erwirtschaften, was in dem extremen Niedrigzinsumfeld keine Selbstverständlichkeit ist.“
Um die zukünftige Entwicklung der ZZR abzuschätzen, hat Assekurata in der Studie 2017 erneut Referenzzinssimulationen vorgenommen. In der folgenden Abbildung wurde der aktuell maßgebliche Zeitreihenwert des Bezugszinses auf Basis der gesetzlich verankerten Rechenmethodik als Konstante in die Zukunft fortgeschrieben. Unter der Annahme gleichbleibender Zinskonditionen würde der Referenzzins 2017 auf 2,17 Prozent sinken. Damit wären auch erstmals die Verträge mit einem Rechnungszins von 2,25 Prozent von der Zinsnachreservierung betroffen, die mehr als 15 Prozent der gesamten konventionellen Deckungsrückstellung ausmachen. Erholt sich das Zinsniveau auch in den Folgejahren nicht, so wären ab 2019 weitere zehn Prozent der Bilanzverpflichtungen mit einem Rechnungszins von 1,75 Prozent erstmals reservepflichtig. Dabei weisen die Verträge der jüngeren Tarifgenerationen vergleichsweise hohe Durationen auf, weil es sich im Schwerpunkt um Rentenversicherungen mit noch langer Restlaufzeit handelt, die bei anhaltenden Niedrigzinsen auf lange Sicht von der ZZR betroffen sein werden.
„Um die langfristige Belastung der Branche durch die ZZR-Anforderungen genauer abschätzen zu können, haben unsere Analysten zusätzliche Szenarien mit einem Prognosehorizont bis zum Jahr 2025 entwickelt", erläutert Heermann. „Unter der Annahme eines anhaltenden Niedrigzinsniveaus mit leicht schwankenden Zinsen ergibt sich bis zu diesem Zeitpunkt ein gesamtes ZZR-Volumen von rund 200 Milliarden Euro. Diesen Prognosewert haben wir mittels des Sicherungsbedarfs, welchen wir erstmalig in der aktuellen Studie 2017 untersucht haben, verifizieren können.“ Bereits für 2017 rechnet Assekurata unter einem stagnierenden Zinsumfeld mit einer weiteren ZZR-Zuführung von insgesamt 20 Milliarden Euro, was einen neuerlichen Höchstwert in der Branche bedeuten würde.
Quelle: Pressemitteilung Assekurata
Die Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH ist eine Ratingagentur, die sich auf die Qualitätsbeurteilung von Versicherungsunternehmen aus Kundensicht spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde 1996 gegründet und hat seinen Sitz in Köln. (AZ)