Analyse: Insurtechs überholen Fintechs in der Krise
Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie beschleunigen digitale Lösungen. Davon profitieren Digitalbanken und Digitalversicherer gleichermaßen. Dennoch machen Fintechs nach vielen positiven Meldungen derzeit eher negative Schlagzeilen. Kurzarbeit, weniger Kartenumsätze, verschobene Expansionspläne – schnell wachsende Fintechs spüren die Auswirkungen der Corona-Krise deutlich, während Insurtechs weiterwachsen, so heißt es seitens des digitalen Versicherungsanbieters Getsafe. Woran dies liegt? Eine Einordnung liefert Christian Wiens, CEO und Gründer von Getsafe.
„Die Finanzkrise 2009/10 zerrüttete das Vertrauen der Kunden in Banken. Neobanken wie Monzo, Revolut, Starling Bank oder N26 boten einen neuen Ansatz. Mit ihrem Versprechen ,No bullshit banking‘ trafen sie die Erwartungen der jungen Generation und sie verzeichneten schnell hohe Wachstumsraten. Mittlerweile sind viele Neobanken mit mehreren Milliarden Dollar bewertet. In nur vier bis fünf Jahren zum Einhorn zu werden, ist eine beeindruckende Leistung, die viele Kritiker zum Schweigen gebracht hat, die an der Nachhaltigkeit und Langlebigkeit von Neobanken zweifelten“, sagt Wiens.
Die Corona-Krise zeige nun die Schwächen des Geschäftsmodells. Viele Neobanken seien schnell gewachsen – vielleicht zu schnell. Sie hätten extrem hohe Marketingausgaben; gleichzeitig seien die Umsätze noch gering. Die meisten von ihnen würden keine Bankgebühren erheben. Gerade wenn Menschen den Gürtel enger schnallen, werde es schwierig, das „Freemium Modell“ zu monetarisieren. Stattdessen stammten die Einnahmen hauptsächlich aus Gebühren für Kreditkarten-Transaktionen, welche die Händler zahlten. Mit sinkenden Konsumausgaben in der Corona-Krise schrumpften auch die Einnahmen.
In der Welt der Insurtechs gebe es weniger Einhörner. Daher ständen sie oft im Schatten der Fintechs. Doch die Corona-Pandemie offenbare nun auch die Stärke von Neoversicherungen. Ihr Geschäftsmodell sei darauf ausgelegt, mit den Kunden über Jahre zu wachsen; die Kunden zahlten vom ersten Tag an für die Leistung. Während Menschen oft mehrere Girokonten und Kreditkarten besäßen, hätten sie nur eine Haftpflicht- oder Hausratversicherung, und diese behielten sie auch und gerade in Krisenzeiten.
Die Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts sei der eine Grund, weshalb Neoversicherer gerade jetzt gut dastehen. Der zweite Grund sei die daraus resultierende Trägheit des Systems: Während die Banken in der Finanzkrise gezwungen waren, sich neu aufzustellen, war das bei den Versicherungskonzernen nicht der Fall. Der durchschnittliche Versicherungskunde der traditionellen Versicherer sei zwischen 40 und 50 Jahre alt und zahle seine Prämien noch 30 oder 40 Jahre weiter. Bei der Finanzkrise habe es keinen dringenden Handlungsbedarf gegeben.
„Davon können Neoversicherungen heute profitieren: Was wir sehen, ist keine laute Revolte gegen die etablierten Konzerne, sondern eine schleichende Revolution auf Raten. Das Potenzial der Insurtechs, den Markt umzukrempeln, steht jenem von Fintechs doch in nichts nach“, sagt Wiens. (DFPA/mb1)
Quelle: Pressemitteilung Getsafe
Getsafe Digital GmbH ist ein Versicherungsanbieter im digitalen Bereich.