Das Risiko einer weiteren US-Zinserhöhung steigt
Marktkommentar von Mark Dowding (RBC BlueBay Asset Management) aus der Reihe „BlueBay’s View“. Seiner Einschätzung nach erhöht die Entwicklung länger laufender US-Staatsanleihen die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Zinsschritts der US-Notenbank Fed im Dezember:

Die weltweiten Renditen sind in der vergangenen Woche größtenteils gesunken. Insbesondere aufgrund von Bewegungen bei Anleihen mit längeren Laufzeiten flachten sich die Renditekurven ab.
US-Notenbankchef Jerome Powell hat bei der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses den Renditeanstieg bei länger laufenden Papieren als einen Faktor für die Verschärfung der finanziellen Bedingungen bezeichnet. In Kombination mit dem geringer als erwartet ausgefallenen Emissionsvolumen solcher Anleihen im Rahmen der jüngsten Refinanzierungsrunde haben sie nun einen Teil der früheren Verluste wieder wettgemacht – die Renditen sind gesunken. Dies könnte die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die Federal Reserve im Dezember erhöhen – es sei denn, die Wirtschaftsdaten zeigen weiterhin Anzeichen einer Verlangsamung. Dies könnte in den kommenden Tagen zu einer steiler werdenden Kurve führen und den Renditeunterschied zwischen zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen ansteigen lassen.
Da die Renditen zehnjähriger US-Staatspapiere unser Ziel erreicht haben, konnten wir Gewinne mit unserer taktischen Long-Duration-Position verbuchen. Nun sind wir eher geneigt, zu einer Short-Position zurückzukehren, wenn sich die zehnjährigen Renditen 4,35 Prozent nähern – ohne dass sich unsere Einschätzung der Wirtschaft wesentlich ändert.
Mit Blick auf neue Wirtschaftsdaten war es in der vergangenen Woche relativ ruhig. In der kommenden Woche wird der Verbraucherpreisindex für Oktober veröffentlicht. Für die Kerninflation besteht aus unserer Sicht ein gewisses Aufwärtsrisiko. Wir weisen aber darauf hin, dass die Rohstoffpreise in der vergangenen Woche nachgegeben haben und der Ölpreis wieder auf 75 US-Dollar pro Barrel gesunken ist. Dies könnte darauf hindeuten, dass es in Zukunft bessere Nachrichten zur Preisentwicklung geben wird.
Die Renditen japanischer Staatsanleihen gaben im Laufe der Woche nach. Der Gouverneur der Bank of Japan (BoJ), Kazuo Ueda, trat jedoch den Erwartungen einer weiteren Änderung der Geldpolitik entgegen. Unter den japanischen Währungshütern sind viele sehr skeptisch, was die Langlebigkeit der Inflation angeht. Außerdem sind sie von einer nahenden Rezession in den USA überzeugt, was den Handlungsbedarf einschränkt.
Die wirtschaftliche Dynamik in Japan ist jedoch ganz anders als in anderen Teilen der Welt. Die Kerninflation liegt um vier Prozent. Dieses Niveau könnte im vierten Quartal zwar sinken. Für das erste Quartal des kommenden Jahres erwarten wir aber eine Beschleunigung der Inflation auf neue Höchststände. Da die Popularität von Premierminister Fumio Kishida aufgrund der Inflation sinkt, sind wir gerade Zeuge eines weiteren fiskalischen Stimulus in einer ohnehin robusten Wirtschaft geworden. Gleichzeitig ist die Geldpolitik nach wie vor unterstützend.
Die Geldpolitik der Bank of Japan belastet weiterhin den Yen, der in der vergangenen Woche auf handelsgewichteter Basis ein neues Mehrjahrestief erreicht hat. Dies verstärkt den Inflationsdruck. Es besteht also die Gefahr, dass die Währung weiter abrutscht, da die BoJ anscheinend hinter der Kurve zurückbleibt und das japanische Finanzministerium bisher keine Deviseninterventionen vorgenommen hat. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die BoJ einen Fehler begeht. Daher halten wir an unserer Überzeugung fest, dass die japanischen Renditen steigen werden.
Mark Dowding ist Partner und Chief Investment Officer des Fixed-Income-Managers RBC BlueBay Asset Management in London. Das 2001 gegründete Tochterunternehmen der Royal Bank of Canada verwaltet ein Vermögen in Höhe von 98 Milliarden US-Dollar in den Assetklassen Unternehmens- und Staatsanleihen, Zinsprodukte sowie Währungen. (Stand: 8. Februar 2023)

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