Die Märkte sollten nicht auf die Fed hoffen

Kommentar von Christian Scherrmann (DWS) im Vorfeld der Fed-Sitzung am 14. und 15. Juni 2022. Seiner Einschätzung nach ist die Fed fest entschlossen alles zu tun, was nötig ist, um die Inflation einzudämmen:

Christian Scherrmann
Christian Scherrmann

Mit Inflationsprognosen fallen selbst legendäre Börsianer mitunter auf die Nase. So sah Benjamin Graham 1972 gute Gründe zur Annahme, dass die Fiskal- und Geldpolitik zukünftige Preiserhöhungen effektiv eindämmen würde. Er zog daraus folgenden Schluss: „Wir halten es für vernünftig, dass ein Investor seine Überlegungen auf eine wahrscheinliche (bei weitem nicht sichere) zukünftige Inflationsrate von, sagen wir einmal, drei Prozent pro Jahr stützt.“ Es kam anders; in den folgenden zehn Jahren haben sich die Verbraucherpreise mehr als verdoppelt.

Mit seinem Vertrauen in die Geldpolitik der US Federal Reserve (Fed) wäre Graham aber auch fünfzig Jahre später in bester Gesellschaft an der Wall Street. In den letzten Monaten sind die Renditen zweijähriger Treasuries auf 2,7 Prozent gestiegen. Nimmt man an, dass die Realzinserwartungen der Anleger bei etwa null Prozent liegen, so entspricht dies in etwa einem mittelfristigen Rückgang der Inflation auf etwa drei Prozent oder knapp darunter.

Interessanterweise hat sich im Vergleich zu früheren Zinserhöhungszyklen bei den Zwei-Jahres-Renditen der US-Staatsanleihen ungewöhnlich viel, bei den Leitzinsen, gemessen an der Federal Fund Rate, dagegen ungewöhnlich wenig getan. Wie unser „Chart of the Week“ zeigt, gibt es beim Leitzins nun ziemlich viel Spielraum nach oben. Wir gehen davon aus, dass der Abstand bald dahinschmelzen dürfte. Sowohl die Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) nächste Woche als auch die im Juli dürften Erhöhungen der Leitzinsen um 50 Basispunkte bringen. Auch das Schrumpfen der Fed-Bilanz, Quantitative Tightening (QT) genannt, könnte beschleunigt werden. Weniger klar ist, wie es nach dem jährlichen Treffen der Zentralbanker aus aller Welt in Jackson Hole im August weiter geht.

Dies liegt daran, dass sich die höheren Renditen auf Staatsanleihen bereits jetzt auf zinssensitive Teile der Wirtschaft auswirken und Anleger begonnen haben, sich über die Auswirkungen auf das Wachstum Sorgen zu machen. So dürften etwa teurere Hypotheken die Bautätigkeit und die Wohnungsmärkte etwas abkühlen lassen. Leider weiß niemand genau, wie schnell und wie stark sich diese Auswirkungen auf die Realwirtschaft zeigen werden. Ein bisschen Trial-and-Error wäre also nicht allzu überraschend. Aber angesichts der anhaltend hohen Inflation muss die Fed handeln und ihre Bereitschaft zu weiteren Schritten durchaus auch ostentativ zur Schau stellen. Selbst wenn Probleme mit der Finanzstabilität auftauchen sollten, wäre die Antwort der Fed zunächst wahrscheinlich eher ein Aussetzen des QT als eine Pause bei Zinserhöhungen.

Vor diesem Hintergrund rechnen wir ab September mit Zinsschritten in Höhe von 25 Basispunkten je FOMC-Sitzung, bis möglicherweise auf ein Niveau von 3,25 bis 3,50 Prozent bis Mai 2023. Bald danach könnte die Leitzinsen aber schon wieder gesenkt werden, da wir weiterhin ein erhöhtes Rezessionsrisiko von etwa 40 Prozent in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 sehen. Natürlich enthalten die verbleibenden 60 Prozent eine Vielzahl möglicher Szenarien, einschließlich Wachstum, Inflation und Zinsen, die länger höher bleiben. Leider sind weder Geldpolitik noch Prognosen so einfach, wie sie im Nachhinein mitunter aussehen.

Die Zwei-Jahres-Renditen auf US-Staatsanleihen sind den Leitzinsen zuletzt ungewöhnlich drastisch davongelaufen

Chart of the Week
Chart of the Week, Quelle: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH (Stand: 08.06.2022)

Christian Scherrmann ist US-Volkswirt und Senior Research Analyst bei der DWS Group in Frankfurt am Main. Der börsennotierte Vermögensverwalter im Mehrheitsbesitz der Deutschen Bank beschäftigt rund 3.600 Mitarbeiter weltweit und verwaltet ein Vermögen in Höhe von 902 Milliarden Euro.

www.dws.com

Zurück

Gastbeiträge

Datenschutzeinstellungen

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern.
In dieser Übersicht können Sie, einzelne Cookies einer Kategorie oder ganze Kategorien an- und abwählen. Außerdem erhalten Sie weitere Informationen zu den verfügbaren Cookies.
Gruppe Essenziell
Name Contao CSRF Token
Technischer Name csrf_contao_csrf_token
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Dient zum Schutz der Website vor Fälschungen von standortübergreifenden Anfragen . Nach dem Schließen des Browsers wird das Cookie wieder gelöscht
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name PHP SESSION ID
Technischer Name PHPSESSID
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Cookie von PHP (Programmiersprache), PHP Daten-Identifikator. Enthält nur einen Verweis auf die aktuelle Sitzung. Im Browser des Nutzers werden keine Informationen gespeichert und dieses Cookie kann nur von der aktuellen Website genutzt werden. Dieses Cookie wird vor allem in Formularen benutzt, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen. In Formulare eingegebene Daten werden z. B. kurzzeitig gespeichert, wenn ein Eingabefehler durch den Nutzer vorliegt und dieser eine Fehlermeldung erhält. Ansonsten müssten alle Daten erneut eingegeben werden.
Erlaubt
Gruppe Analyse
Name Google Analytics
Technischer Name _gat,_ga_gid
Anbieter Google
Ablauf in Tagen 1
Datenschutz https://policies.google.com/privacy
Zweck Tracking
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name Contao HTTPS CSRF Token
Technischer Name csrf_https-contao_csrf_token
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Dient zum Schutz der verschlüsselten Website (HTTPS) vor Fälschungen von standortübergreifenden Anfragen. Nach dem Schließen des Browsers wird das Cookie wieder gelöscht
Erlaubt
Gruppe Essenziell
Name FE USER AUTH
Technischer Name FE_USER_AUTH
Anbieter
Ablauf in Tagen 0
Datenschutz
Zweck Speichert Informationen eines Besuchers, sobald er sich im Frontend einloggt.
Erlaubt