EZB riskiert einsetzenden Vertrauensverlust in die Währung
Kommentar von Bernhard Matthes von der Bank für Kirche und Caritas (BKC) im Anschluss an die Entscheidung der EZB vom 4. Juni 2020, das Pandemie-Notkaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Program, PEPP) im bisherigen Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro um weitere 600 Milliarden Euro auszuweiten. Seiner Einschätzung nach besteht das Risiko, dass die Summe aller bislang lancierten Programme die realwirtschaftlichen Corona-Schäden inzwischen übersteigt:
Die Ausweitung des Pandemic Emergency Purchase Program (PEPP) um weitere 600 Milliarden Euro wird die Risiko-Rallye an den Märkten vermutlich weiter befeuern. Insbesondere die Aktienmärkte koppeln sich dann noch stärker von den Fundamentaldaten ab.
Die Wirkung bislang initiierter Programme wird nicht abgewartet, immer neue Programme erwecken zunehmend den Eindruck der Maßlosigkeit. Scheinbar hat ein Wettstreit um die immer größeren Programme begonnen, sowohl geld- wie fiskalpolitisch. Dies setzt bedenkliche und gefährliche Dynamiken in Kraft. Eine immer weitere Erhöhung des Einsatzes beschwört erhebliche Risiken für die Finanzstabilität herauf.
Der globale und synchrone Überbietungswettbewerb mit fiskalischen und monetären Programmen könnten zu einer Überdosierung führen und birgt erhebliche Inflationsrisiken: Insbesondere die „Schatteninflation“, also die nicht in den Verbraucherpreisindizes enthaltene Vermögenspreisinflation, wird weiter angefacht.
Es besteht das Risiko, dass die Summe aller bislang lancierten Programme die realwirtschaftlichen Corona-Schäden inzwischen übersteigt, sodass am Ende das Löschwasser mehr Schaden anrichtet als der Brand.
Mit dem Abweichen vom Kapitalschlüssel im PEPP setzt sich die EZB zunehmend dem Verdacht der vorsätzlichen monetären Staatsfinanzierung aus. Schlussendlich riskiert die EZB mit ihren Maßnahmen einen einsetzenden Vertrauensverlust in die Währung.
Zum Schutz unserer Anleger stocken wir in unseren Mischstrategien inflationsreagible Vermögenswerte taktisch weiter auf, wie beispielweise inflationsgeschützte Anleihen, Edelmetalle und ausgewählte Fremdwährungen außerhalb der Eurozone.
Bernhard Matthes ist Bereichsleiter Portfoliomanagement bei der Bank für Kirche und Caritas (BKC) und Manager des Stiftungsfonds „BKC Treuhand Portfolio“. Die 1972 gegründete BKC mit Sitz in Paderborn ist eine Genossenschaftsbank für Kirchengemeinden, kirchlich-caritative Einrichtungen sowie deren hauptamtliche Mitarbeiter.