EZB: Zinsschritt im Januar?
Kommentar von Nicolas Forest (Candriam) im Anschluss an die EZB-Ratssitzung am 28. Oktober 2021. Seiner Einschätzung nach stellt die überraschende Entwicklung der Inflation für den EZB-Rat aktuell die Hauptsorge dar:
Die Oktobersitzung der Europäischen Zentralbank war nicht die am meisten erwartete. Dennoch war diese Sitzung eine gute Gelegenheit sowohl die „Forward Guidance“ als auch Markterwartungen zu diskutieren. Die Anleihen- und Geldmärkte rechnen mit einer raschen Reduzierung der EZB-Anleihenkäufe und einer ersten Zinserhöhung im Jahr 2022 – im Widerspruch zur Rede von Christine Lagarde.
Infolgedessen räumte die Präsidentin ein, dass die Markterwartungen nicht mit ihrem Fahrplan übereinstimmten. Diese Diskrepanz zwischen den Erwartungen hängt mit der überraschenden Entwicklung der Inflation zusammen, die für den EZB-Rat aktuell die Hauptsorge darstellt.
Die Inflationsprognosen werden auf der Dezembersitzung sicherlich nach oben korrigiert werden. Vor diesem Hintergrund dürften die Märkte die Zentralbank in den kommenden Wochen auf die Nachhaltigkeit des Inflationsdrucks testen. Als Reaktion darauf sind die Kurzfristzinsen im Anschluss an die Sitzung deutlich gestiegen, was die Widersprüchlichkeit noch verstärkt hat; eine Widersprüchlichkeit, die früher oder später aufgelöst werden muss. Diese Pressekonferenz hat dies nicht zugelassen.
Nicolas Forest ist Global Head of Fixed Income bei Candriam, einem europäischen Asset Manager mit Hauptsitz in Brüssel. Das 1998 gegründete Unternehmen managt mit einem Team aus über 550 Investmentexperten ein Vermögen von über 150 Milliarden Euro. Candriam ist ein Unternehmen der New York Life Group.