Von der Pyramide zur Torte? Wie sich hochwertiges Property Management als unverzichtbar in der Krise erweist

Michael Greis

Seit Jahr und Tag wird das Thema Immobilienmanagement in den meisten Lehrbüchern in Form einer Pyramide dargestellt: An der Spitze steht das Asset Management, unten in der Basis das Facility Management. Die Property Manager befinden sich in diesem Diagramm in der Mitte – mehr oder weniger als verbindendes Element. Wenn es um die Prozesse geht, ist das auch richtig. Allerdings beinhaltet dieses Modell zugleich klare Hierarchien. In der gelebten Realität hingegen weichen diese allmählich zugunsten einer stärkeren Kooperation auf Augenhöhe auf. Wie kommt das?

In der aktuell herausfordernden Marktphase müssen insbesondere institutionelle Bestandshalter das eigene Portfolio stabilisieren, Stranded Assets vermeiden und somit den Erhalt der eigenen Werte gewährleisten. Das ist zentral von zwei Aspekten abhängig: ökologischer Nachhaltigkeit und Mieterbindung. Beide lassen sich nicht in den Businessplänen und Charts der Asset Manager realisieren, sondern nur direkt in der Immobilie. Dementsprechend ist das vorausschauende Agieren des Property Managements Dreh- und Angelpunkt für die Stabilisierungsarbeit. Das wiederum verschafft dem Property Management mehr und mehr die gebührende Anerkennung und die nötigen Ressourcen.

Die größten Herausforderungen beginnen direkt an der Immobilie

Der persönliche Kontakt zum Mieter ist der Schlüssel für ein langfristig stabiles Mieter-Vermieter-Verhältnis und für eine erfolgreiche Prolongation nach Auslaufen der ursprünglichen Mietvertragsdauer. Erster Ansprechpartner ist hier in der Regel der Kaufmännische Property Manager. Gerade in einer Zeit schneller werdender technischer Innovationen und modernen Arbeitsformen ändern sich die exakten Flächenbedarfe mit steigender Dynamik. Hierbei ist es umso wichtiger, gemeinsam mit dem Technischen Property Manager sowie dem Facility Manager Lösungen zu finden, die einen effizienten Weiterbetrieb der Flächen ermöglichen. Wenn die Bedürfnisse des Mieters innerhalb der bestehenden Immobilie abgedeckt werden können, wird ein Auszug unwahrscheinlicher – und bei hoher Zufriedenheit läuft der Vermieter auch nicht Gefahr, Incentivierungen vornehmen zu müssen. Gleiches gilt jedoch auch für die Erkenntnis, dass ein Mieter womöglich in finanzielle Schieflage geraten könnte – wobei in diesem Fall das offene und ehrliche Gespräch vor Ort noch wichtiger ist.

Auf die ESG-Kompetenz achten

Gerade international agierende Unternehmen müssen zudem ihren eigenen, immer umfangreicher werdenden ESG-Reportingpflichten nachkommen. Schließlich ist auch für Mieter die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck der genutzten Flächen ein wichtiger Aspekt auf dem „Weg nach Paris“. Eine Netto-Null bei den CO2-Emissionen in einer nicht nachhaltigen Immobilie zu erreichen, ist dementsprechend umso schwerer. Auch in diesen ESG-bezogenen Fragen ist der Property Manager der erste Ansprechpartner – der wiederum beim Eigentümer beziehungsweise dem Asset Manager die richtigen Aufwertungsmaßnahmen zur Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit anstoßen kann. So wird außerdem vermieden, dass „am Mieterwunsch vorbei“ modernisiert wird.

Neben dem allgemeinen Track Record und der jeweils auf die nötigen Assetklassen bezogenen Qualifikationen ist bei der Wahl eines passenden Property Managers also auch dessen Spezialisierung auf das Themenfeld ESG ein wichtiges Kriterium. Wird das Thema von den technischen und kaufmännischen Property Managern eher „en passant“ mit abgedeckt, oder gibt es beispielsweise eine eigens für Nachhaltigkeitsthemen aufgestellte Abteilung? Wie erfolgt das Wissensmanagement innerhalb der Property-Management-Gesellschaft? Solche Fragestellungen erfordern von institutionellen Bestandshaltern einen prüfenden Blick hinter die Kulissen – der sich im Ergebnis durchaus lohnen kann.

Ein Umdenken ist spürbar

Nach wie vor kann es passieren, dass das Asset Management das Property Management bei unterschiedlichen Meinungen überstimmt. Insgesamt ist jedoch spürbar, dass die Zusammenarbeit sehr viel weniger von Hierarchien abhängt als noch vor wenigen Jahren. Statt der klassischen Pyramide wäre heute ein Dreiecksmodell zutreffender: Während das Objekt selbst das Dreieck darstellt, repräsentiert jedes Gewerk kollaborativ und gleichberechtigt jeweils eine Ecke. Natürlich kann das trotzdem bedeuten, dass über den Lebenszyklus hinweg unterschiedliche Akteure mal mehr und mal weniger stark den Ton angeben und in die einzelnen Prozesse involviert sind. Dennoch steht das gemeinsame Ziel klar im Fokus: die Energiewende im Gebäudesektor und die damit verbundene Wertstabilisierung.

Die neue Anerkennung des Property Managements sorgt zugleich dafür, dass das inzwischen chronische Fachkräfteproblem inzwischen zumindest teilweise lösbar scheint: Neben der Tatsache, dass immer mehr Property-Management-Gesellschaften zum Ausbildungsbetrieb geworden sind, sorgt vor allem die weitgehende Unabhängigkeit vom Transaktions- und Projektentwicklungsmarkt für eine hohe Jobsicherheit. Dies wiederum ist der Anlass dafür, dass sich – vor allem technisch ausgebildete – Fachkräfte aus anderen Bereichen der Immobilienwirtschaft neu orientieren und die Basisarbeit an der Immobilie neu schätzen gelernt haben.

 

Der Beitrag ist zuerst in ENI EXXCNEWS INSTITUTIONAL 04 erschienen.

Michael Greis ist Geschäftsführerder IC Property Management GmbH und – der IC Property Services GmbH.

Die IC Immobilien Gruppe ist einer der größten Full-Service-Dienstleister für gewerbliche Immobilien in Deutschland. Das Unternehmen bietet ein vollumfängliches Leistungsspektrum aus Property Management, Asset Management, Projektsteuerung, Center Management, Vermietung und Investment. Dass Unternehmen betreut  rund 23 Milliarden Euro Assets under Management.

https://www.ic-group.de

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