Zinspause der Fed, weitere Zinserhöhungen aber nicht vom Tisch
Kommentar von Franck Dixmier (Allianz Global Investors) im Vorfeld der Fed-Sitzung am 13. und 14. Juni 2023. Seiner Einschätzung nach dürfte sich die US-Notenbank Zeit nehmen, um die Auswirkungen der bereits erfolgten, deutlichen Straffung der monetären Bedingungen zu bewerten:
Die US-Notenbank dürfte die Leitzinsen auf ihrer Juni-Sitzung zwar unverändert belassen, sollte sich aber die Tür für weitere Zinserhöhungen in den kommenden Monaten offenhalten. Nach zehn Zinserhöhungen in Folge seit März 2022, die sich auf insgesamt 500 Basispunkte belaufen, stellen sich Anlegern vor der Sitzung der US-Notenbank Fed zwei wichtige Fragen: Wie hoch ist der wird der Zinsgipfel ausfallen und wann wird die Zentralbank zu einem neuen Zinssenkungszyklus übergehen. Diese Fragen haben zu jüngst schwankenden Markterwartungen geführt.
Wir erwarten, dass die Fed auf ihrer Sitzung am 13. und 14. Juni eine Zinspause einlegen wird. Obwohl die Kerninflation weiter über dem Preisstabilitätsziel der Zentralbank liegt, dürfte sich die Fed Zeit nehmen, um die Auswirkungen der bereits erfolgten, deutlichen Straffung der monetären Bedingungen zu bewerten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der latenten regionalen Bankenkrise.
In der Tat zeichnen sich allmählich rezessive Auswirkungen des steilsten Zinserhöhungskurses seit 40 Jahren ab. Das lange Zeit widerstandsfähige US-Wachstum weist erste Schwächeanzeichen auf. Dies zeigen etwa die jüngsten Indikatoren des Institute for Supply Management – insbesondere für den Dienstleistungssektor (Indexstand von nur noch 50,3 Punkten im Mai, gegenüber erwarteten 52,4 Punkten und 51,9 Punkten im April).
Darüber hinaus halten die Spannungen im US-Bankensektor an. Nach der zweit-, dritt- und viertgrößten Bankenpleite in der Geschichte der USA in den letzten Wochen deutet ein aktueller Fed-Bericht darauf hin, dass die Banken zunehmend Finanzmittel aus dem Bank Term Funding Program abrufen. Die aus diesem Programm bezogene Liquidität ist die fünfte Woche in Folge gestiegen und hat mit 100,2 Milliarden US-Dollar einen neuen Höchststand erreicht. Auch die Refinanzierungsbedingungen im gewerblichen Immobiliensektor geben Anlass zur Sorge.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Zeitspanne von 12 bis 18 Monaten, in der sich Zinserhöhungen in der Regel voll auf die Wirtschaft auswirken, kann die Fed eine Pause rechtfertigen. Sie wird aber wahrscheinlich eine restriktive Haltung beibehalten und sich alle Optionen offenhalten, einschließlich der Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung in den kommenden Monaten. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Fed ihre Wachstums- und Inflationsszenarien sowie ihre Zinsprognosen aktualisiert. Möglicherweise müssen die Anleger ihre Erwartungen entsprechend anpassen.
Angesichts der jüngsten Marktkorrekturen erwarten wir von der Fed-Sitzung keine wesentlichen Marktauswirkungen. In den letzten Wochen haben zweijährige Renditen (von 3,80 Prozent Mitte Mai auf 4,62 Prozent am 12. Juni) und zehnjährigen Renditen (von 3,33 Prozent Mitte Mai auf 3,76 Prozent am 12. Juni) deutlich korrigiert. Das aktuelle Niveau bietet Anlegern somit wieder bessere Möglichkeiten, Long-Positionen auf dem US-Renditemarkt aufzubauen.
Franck Dixmier ist Global Head of Fixed Income, Chief Investment Officer Fixed Income Europe und Mitglied des Global Executive Committee beim Investment-Manager Allianz Global Investors in Frankfurt am Main. Das Unternehmen des Allianz-Konzerns verwaltet mit mehr als 600 Anlagespezialisten 506 Milliarden Euro Assets under Management für institutionelle und private Anleger in Aktien-, Renten-, Private-Markets- sowie Multi-Asset-Strategien.