Eligibilitätsgutachten als Vertriebsunterstützung
1. Einleitung
In den letzten Jahren hat sich bei vielen Fondsinitiatoren der Trend etabliert, Fonds zu konzipieren, die sich ausschließlich an institutionelle Anleger richten. Zu diesen Anlegern zählen insbesondere Versicherungen, Pensionskassen, Banken, Sparkassen, die öffentliche Hand und Großunternehmen. Einige Fondsinitiatoren haben ihr Angebot auf professionelle und semiprofessionelle Anleger konzentriert, wobei semiprofessionelle Anleger solche Anleger sind, die mindestens 200.000 Euro investieren und über entsprechende Kenntnisse der Anlage verfügen, insbesondere über deren Risiken aufgeklärt sind. Typische semiprofessionelle Anleger sind beispielsweise Family Offices oder Stiftungen.
Die Vorteile des Vertriebs an institutionelle Anleger liegen auf der Hand: die benötigte Investitionssumme ist meist mit einigen wenigen Anlegern erreicht. Die regulatorischen Vorgaben aus dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sind deutlich geringer als bei einem Fonds für das breite Publikum. Die Management Fee ist zwar geringer als bei Publikumsfonds, dafür sind jedoch auch die Haftungsrisiken für den Fondsinitiator deutlich niedriger. Denn professionelle Anleger prüfen den Fonds wirtschaftlich und rechtlich in aller Regel durch fachkundige Berater und verlassen sich nicht auf eine einfache Lektüre des Prospekts oder des Private Placement Memorandums. Daher wird man davon ausgehen können, dass professionelle Anleger das Risikoprofil eines Fonds genau kennen. Entwickelt sich der Fonds wirtschaftlich nicht wie gewünscht, ist ein Haftungsanspruch eines professionellen Anlegers in der Regel nur schwer begründbar, jedenfalls dann, wenn der Fondsinitiator alle relevanten Unterlagen und Informationen umfassend vor der Zeichnung preisgegeben hat.
Allerdings unterliegen die professionellen Anleger in aller Regel detaillierten gesetzlichen Anforderungen, die ihre Investitionsmöglichkeiten beschränken. Aus Sicht eines professionellen Anlegers ist es daher wesentlich, bei der Fülle der Anlagemöglichkeiten schnell und sicher erkennen zu können, welche Fonds sich grundsätzlich für ihn eignen, welcher Fonds also von seiner Struktur her den regulatorischen Anforderungen an den konkreten professionellen Anleger entspricht. Von der Seite der Fondsinitiatoren her gedacht, muss ein Fonds für professionelle Anleger sehr konkret auf eine bestimmte Gruppe von professionellen Anlegern konzipiert werden, so dass diese überhaupt den Fonds aufsichtsrechtlich zeichnen dürfen. Der Fondsinitiator muss also bei der Fondskonzeption das aufsichtsrechtliche Regime der Zielgruppe des Fonds im Detail berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund hat es sich in den letzten Jahren etabliert, für die einzelnen Fonds von entsprechend qualifizierten Experten Gutachten erstellen zu lassen, aus denen hervorgeht, welcher professionelle Anleger berechtigt ist, den konkreten Fonds als mögliche Anlage zu wählen. Diese sogenannten Eligibilitätsgutachten schaffen eine gewisse Transparenz und Sicherheit für die professionellen Anleger. Denn liegt ein solches Gutachten für einen bestimmten Fonds vor, ist für den Investor jedenfalls nach den allgemeinen regulatorischen Vorgaben sichergestellt, dass ein Investment in den Fonds rechtlich für ihn zulässig ist. Der Anleger braucht dann nur noch zu prüfen, ob ein Investment auch nach seinen internen Regularien (Assetklasse, Renditeerwartung, Risikoprofil, Zustimmungsvorbehalte etc.) möglich ist.
Das Eligibilitätsgutachten ist daher aus Sicht der Fondsinitiatoren eine klare Vertriebsunterstützung, weshalb einige Initiatoren ein solches Gutachten vor dem Vertriebsstart erstellen lassen.
Ein solches Gutachten legt die Zielgruppe des Fonds rechtlich eindeutig fest und dient als Argument gegenüber professionellen Anlegern, den Fonds einmal wirtschaftlich näher zu prüfen. Im Folgenden haben wir einen Überblick über die wesentlichen Regelungen, auf die bei der Gestaltung eines Fonds für professionelle Anleger geachtet werden sollte, zusammengestellt.
2. Das Depot-A-Geschäft der Banken/CRR-Vorgaben
Das Depot A wird bei Banken und Sparkassen als das Wertpapierdepot bezeichnet, in dem die Bank im Wege des Eigengeschäfts erworbene Finanzinstrumente verwahrt. Das Depot A umfasst daher in aller Regel die Investition des Eigenkapitals der Bank oder Sparkasse. Die Bank ist berechtigt, die im Depot A hinterlegten Finanzinstrumente zu verpfänden. Die Eigenkapitalrendite einer Bank kann stark vom Depot A abhängen.
Wie Fondsanteile, die für das Depot A einer Bank oder Sparkasse erworben werden, aufsichtsrechtlich behandelt werden, regeln die Vorschriften der Kapitaladäquanzverordnung (Nr. 575/2013 – Capital Requirements Regulation, „CRR“). Die CRR legt insbesondere fest, welchen Einfluss die erworbenen Fondsanteile auf die Eigenkapitalstruktur eines Kreditinstituts haben. Nach den Regelungen der CRR ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei den Fondsanteilen um Risikopositionen handelt, die von den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln des Kreditinstituts abzuziehen sind. Die Eigenmittel eines Kreditinstituts bestehen aus Kernkapital und Ergänzungskapital. Das Kernkapital umfasst das harte Kernkapital und das zusätzliche Kernkapital. Ein Abzug vom Kernkapital ist in der Regel dann vorzunehmen, wenn durch die Investition in den Fonds bei der Bank eine Position in Instrumente des Kernkapitals oder des Ergänzungskapitals von Unternehmen der Finanzbranche gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 27 CRR begründet würde. Dies richtet sich wiederum nach der Frage, ob der Fonds als Kreditinstitut (oder Wertpapierfirma) oder als Finanzinstitut einzustufen ist oder ob die Ausnahmeregelung der Industrieholding gilt. Regelmäßig wird ein Fonds kein Kreditinstitut sein, sondern die Voraussetzungen eines Finanzinstituts erfüllen. Wenn dies der Fall ist, stellt sich die Frage, ob ein Ausnahmetatbestand greift. Gerade bei Fondskonstruktionen, bei denen die Fondsgesellschaft in Beteiligungen investiert, kann der Ausnahmetatbestand der Industrieholding greifen, etwa wenn die Haupttätigkeit des Fonds darin besteht, Beteiligungen zu erwerben und zu halten. In einem solchen Fall entfällt die Pflicht, die Investition in den Fonds von den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln abzuziehen. Allerdings ist das Investment dann durch Eigenkapital nach den Vorgaben der CRR zu unterlegen. Die Höhe der Eigenkapitalunterlegung richtet sich nach dem Risikopositionswert. Die CRR enthält einen Katalog von Assets, die mit bestimmten Prozentsätzen der erforderlichen Kapitalunterlegung verknüpft sind. Ferner ist zu ermitteln, wie sich ein Investment in den Fonds auf die Berechnung des antizyklischen Kapitalpuffers (§ 10d KWG) auswirkt. Einen solchen Kapitalpuffer hat die Bank in Zeiten des Kreditwachstums aufzubauen, so dass er in einer Krise zur Verfügung steht. Zu prüfen ist schließlich auch, ob durch eine Investition in den Fonds eine Risikoposition gegenüber einem Schattenbankunternehmen nach den Vorgaben der EBA aufgebaut wird. Schattenbankunternehmen sind Unternehmen, die insbesondere Kreditvermittlungstätigkeiten ausüben. Je nach der konkret ausgeübten Tätigkeit kann ein Investmentfonds als Schattenbankunternehmen gelten.
Sollen Banken und Sparkassen als mögliche Investoren für einen Fonds in den Blick genommen werden, ist das Konzept des Fonds so zu gestalten, dass die CRR-Anforderungen an die Eigenmittel beachtet werden.
3. Solvency II
Versicherungen unterliegen bei ihren Investitionen dem Regime von Solvency II. Ziel von Solvency II ist die Gewährleistung einer individuellen und risikobasierten Kapitalausstattung von Versicherungen. Versicherungsunternehmen haben ihr Kapital nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht anzulegen, sie sind aber bei der Wahl der Vermögensgegenstände jedenfalls grundsätzlich frei. Es gilt das Durchschauprinzip: maßgeblich für die Risikobewertung einer Investition sind die Vermögensgegenstände, die letztlich erworben werden, unabhängig davon, wie sie rechtlich „verpackt“ sind. Wenn also ein Investmentfonds zunächst nur Anteile an Gesellschaften erwirbt, diese Gesellschaften aber im Wesentlichen Immobilien halten, sind die Immobilien für die Risikobewertung des Investments maßgeblich. Eine Anlage ist nur in solche Vermögensgegenstände zulässig, deren Risiken identifiziert, bewertet, überwacht, kontrolliert und in die Berichterstattung einbezogen werden können. Arbitrage- und Leergeschäfte sind unzulässig.
Um die Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement, SCR) zu bestimmen, erfasst Solvency II die Risiken aus den Investments in diversen Modulen, aus denen sich das Gesamtrisiko und damit mittelbar das SCR ableiten lässt. Für die Ermittlung der von Solvency II vorgegebenen Risikogewichtung sind die Vermögensgegenstände, die der Fonds mittelbar letztlich erwirbt, einem der Module aus Solvency II zuzuordnen. So besteht ein Aktienrisiko-Submodul mit weiteren Unterkategorien, ein Immobilienrisiko-Submodul, ein Spreadrisiko-Submodul und ein Zinsrisiko-Submodul.
Aufgabe eines Eligibilitätsgutachtens ist es insbesondere, die Vermögensgegenstände des Fonds nach dem Durchschauprinzip zu ermitteln und in das richtige Modul einzuordnen. Daraus ergibt sich dann für das Versicherungsunternehmen die mit einer Investition in den Fonds verbundene Risikoklasse beziehungsweise Risikogewichtung. Ferner enthält die Solvency-II-Verordnung für verschiedene Anlagegegenstände spezielle regulatorische Vorgaben, deren Einhaltung der Fonds sicherzustellen hat. So ist für Investitionen in Infrastrukturfonds zum Beispiel vorgeschrieben, dass der Vermögenswert eine grundlegende öffentliche Funktion erfüllen muss, dass bestimmte Stressresistenzfaktoren eingehalten werden und dass der Fonds über vorhersehbare Cashflows verfügt. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist zu prüfen und im Gutachten zu dokumentieren.
4. Die Anlageverordnung
Versorgungswerke, kleinere Versicherungsunternehmen und Pensionskassen unterliegen bei der Investition ihres Sicherungsvermögens den Vorgaben aus § 124 VAG und der Anlageverordnung (AnlV). In der Anlageverordnung ist im Einzelnen aufgelistet, in welche Vermögensgegenstände die Versorgungswerke etc. investieren dürfen. Beteiligungen an Investmentfonds fallen in aller Regel unter § 2 Abs. 1 Nr. 13 bis 17 AnlV. So sind Anteile und Aktien an inländischen geschlossenen alternativen Investmentfonds (AIF), die in nicht börsengelistete Unternehmen investieren, Immobilienfonds, offene Publikumsfonds, Spezialfonds und andere Fonds zulässige Investitionsgegenstände. Zu prüfen ist daher zunächst, ob der konkrete Fonds in seiner Ausgestaltung unter die im Katalog der AnlV genannten Fondstypen fällt. Ein Fonds, der letzten Endes (direkt oder mittels Objektgesellschaften) in Immobilien investiert, fällt etwa als klassischer Immobilienfonds unter § 2 Abs. 1 Nr. 14a AnlV und ist damit zulässiges Investitionsobjekt eines AnlV-Anlegers.
§ 3 AnlV enthält bestimmte Schwellen, die die AnlV-Anleger beachten müssen. So dürfen etwa Investitionen in Private-Equity-Fonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a AnlV nur bis zu 15 Prozent des Sicherungsvermögens ausmachen. Immobilienfonds dürfen zusammen mit bestimmten anderen Anlageformen nur bis zu 25 Prozent des Sicherungsvermögens ausmachen.
§ 4 AnlV enthält zwingende Vorgaben zur Streuung des Sicherungsvermögens. So dürfen auf denselben Emittenten nur bis zu fünf Prozent des Sicherungsvermögens entfallen. Auf ein Zielunternehmen darf nur bis zu einem Prozent des Sicherungsvermögens entfallen. Die Fonds haben gegenüber den AnlV-Anlegern die Einhaltung der Schwellen durch ein entsprechendes Reporting nachzuweisen.
In einem Eligibilitätsgutachten wird die Richtigkeit der angenommenen Einordnung des Fonds in das System der AnlV und die damit zu beachtenden Investitionsschwellen bestätigt, so dass der Anleger in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob der konkret vorgeschlagene Fonds in die bereits bei ihm bestehende Beteiligungsstruktur und insbesondere die vorhandenen Quoten passt. Soweit ein Investment die vorgegebenen Schwellen überschreiten würde, darf nicht investiert werden.
5. Steuerrecht
Schließlich enthält ein Eligibilitätsgutachten oft - aber nicht zwingend - eine Stellungnahme zu den investmentsteuerlichen Implikationen einer Investition. Dies kann gerade bei grenzüberschreitenden Fallgestaltungen anspruchsvoll sein.
Dieser Artikel von Dr. Gunter Reiff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei WRC Finvestra Treuhand, und Dr. Oliver Zander, Rechtsanwalt in der Kanzlei Weitnauer Rechtsanwälte, erschien in „PROBERATER 2020“.