BaFin: Investments in Infrastrukturprojekte werden bei Versicherern immer beliebter
Das Niedrigzinsumfeld hat die Märkte nach wie vor fest im Griff. Versicherungsunternehmen versuchen daher zunehmend, ihre Gelder rentabel in anderen als den klassischen Kapitalanlagen anzulegen – etwa in Infrastrukturprojekten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Finanzierung Erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarparks oder von Straßen, Gas- und Stromnetzen. Solche Anlagen weisen Charakteristika auf, die für Versicherer vorteilhaft sind, unter anderem lange Laufzeiten und eine vergleichsweise hohe Verzinsung. Allerdings sind die Investitionen teils sehr komplex und bringen besondere Herausforderungen an das Risikomanagement mit sich. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat im November und Dezember 2021 Gespräche mit Versicherern geführt, die hohe Infrastruktur-Volumina aufweisen und anstreben, diese weiter auszubauen.
Ziel des Austauschs war es, einen Einblick in unterschiedliche Anlagestrategien zu erhalten und herauszufinden, wie Unternehmen die Risiken managen wollen. Anlass der Gespräche waren insbesondere die Ergebnisse der Ende 2020 durchgeführten „Search for Yield“-Umfrage. Die Befragung zeige: Infrastrukturanlagen kommen den Bedürfnissen von Versicherungsunternehmen in vielerlei Hinsicht entgegen. In Zeiten niedriger Zinsen ermöglichten sie mehr als eine Ertragsstabilisierung: Denn sie stellten Renditen in Aussicht, die mitunter deutlich über denen herkömmlicher Anleihen mit vergleichbarem Risikoprofil liegen. Zudem weisen Infrastrukturprojekte laut BaFin häufig sehr lange Laufzeiten auf und passen damit sehr gut zum Geschäftsmodell insbesondere der Lebensversicherer. Die Versicherer profitieren von einer tendenziell krisenresistenten Wertentwicklung. Im Vergleich zu traditionellen Anlageklassen punkten sie zudem mit einer niedrigen Volatilität und einer bezüglich der Wertentwicklung verringerten Korrelation. Versicherer bevorzugen Anlagen mit begrenztem Risiko und stabilen Cashflows.
Entscheidend für die Beurteilung des Risikos und die Investitionsentscheidung sei die Projektphase des zu finanzierenden Infrastrukturprojekts. Der weit überwiegende Anlagenteil der Versicherer entfällt auf den Bereich „Brownfield“. Das sind Infrastrukturprojekte, die bereits operativ tätig sind und Erträge erwirtschaften. Investitionen in „Greenfield“-Projekte, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden, machen einen geringen Anteil aus. Zudem ergab die Befragung, dass insbesondere Lebensversicherer weitestgehend in „Core“-Anlagen investieren. Dabei handelt es sich oft um Projekte, meist im „Brownfield“-Stadium, die Monopolcharakter aufweisen. Vielfach sind sie staatlich reguliert und definieren sich durch sehr lange Laufzeiten, dies kommt insbesondere im Versorgungssektor vor. Zwar handelt es sich bei Infrastrukturinvestitionen überwiegend um Fremdkapitaltitel, doch auch Eigenkapital-Investitionen machten mittlerweile einen bedeutenden Anteil aus. Während größere (Lebens-) Versicherer die Infrastrukturanlagen sowohl im Direkt- als auch im Fondsbestand hielten, beschränkten sich kleinere Versicherer nahezu ausschließlich auf Fonds.
Investitionen in Infrastruktur stellten aufgrund ihrer Heterogenität, Komplexität und Illiquidität besondere Herausforderungen an das Risikomanagement. Wichtig sei, dass der Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht nach § 124 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gewahrt bleibt. Das lasse sich nur durch eine umfassende Prüfung vor dem Erwerb und eine genaue Beobachtung sowie laufende Kontrolle und Betreuung danach sicherstellen. (DFPA/mb1)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt am Main. Sie vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten.