Emerging-Market-Anleihen: Wird die Rallye weitergehen?
In diesem Jahr haben Emerging-Market-Anleihen zugelegt. Bis Ende August konnten mit dollardenominierten Titeln neun Prozent und mit Lokalwährungsanleihen 15 Prozent verdient werden. Aktuell, zu Beginn der geldpolitischen Wende in den Industrieländern, fragen sich die Investoren, ob mit Emerging-Market-Anleihen trotz knapperer Notenbankliquidität weiter so viel verdient werden kann, so Rob Neithart, Anleihen-Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Capital Group.
Das Anleihe-Team von Capital Group rechnet weiter mit amerikanischen Langfristrenditen zwischen zwei Prozent und 2,75 Prozent - auch wenn die Fed die Kurzfristzinsen anhebt. Die Inflation ist noch immer niedrig, und die im Vergleich zu Europa und Japan höheren US-Renditen fördern die Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen, so Neithart. Zwar dürfte die Geldpolitik weltweit weniger expansiv werden, aber die bessere Weltkonjunktur und die niedrigen US-Benchmark-Renditen seien für die Emerging Markets gut. Noch wichtiger sei aber, dass die Fundamentaldaten der Emerging Markets insgesamt gut bleiben. Die meisten Schwellenländer hätten nachhaltige Leistungsbilanzen, und ihr Bruttoinlandprodukt wächst. Die Inflationsraten nähern sich laut Neithart den Zielwerten, viele Notenbanken senken die Zinsen, und die Währungen sind gegenüber dem US-Dollar fair bewertet, wenn nicht unterbewertet.
Auch der Rohstoffzyklus stütze den Markt. Die Ölpreise seien zwar gefallen, aber die Preise von Basis- und Industrierohstoffen blieben stabil. Die positive Dynamik und die deutlich höheren Renditen der Emerging Markets haben im vergangenen Jahr für eine hohe Investorennachfrage gesorgt. Einstweilen dürfte sich das nach Einschätzung von Neithart nicht ändern.
Dennoch seien Emerging-Market-Anleihen noch immer eine risikoreiche Assetklasse. Bei Marktturbulenzen oder weltpolitischen Risiken kann es Neithart zufolge zum Ausverkauf kommen – und wenn die Finanzbedingungen straffer werden, drohe den meisten Festzinsinstrumenten eine Ausweitung ihrer Spreads gegenüber US-Staatsanleihen.
„Emerging-Market-Anleihen sind keine Ausnahme, doch bei Renditen zwischen sechs Prozent und sieben Prozent ist der Carry – also der laufende Ertrag – hoch genug, um eine gewisse Spreadausweitung recht schnell auszugleichen. Meiner Ansicht nach ist jeder drastische Ausverkauf zurzeit eine Kaufgelegenheit für ausgewählte Papiere.
In unseren weltweit anlegenden Anleihenportfolios bleiben wir bei einem recht hohen Anteil von Emerging-Market-Anleihen. Internationale Anleihenportfolios bevorzugen tendenziell Titel mit einer höheren Kreditqualität, während ausgewiesene Emerging-Market-Strategien breiter streuen und auf Dollar-, Lokalwährungs- und Unternehmensanleihen setzen.
Ich glaube, dass die Schwellenländer langfristig nicht um echte Strukturreformen herumkommen, damit ihr Wirtschaftswachstum nachhaltiger wird. Die Arbeitsmärkte müssen flexibler werden, und um die Haushaltsdefizite zu begrenzen, sind Rentenreformen nötig. Hinzu kommen müssen klarere Regeln für den Grundbesitz und geistige Eigentumsrechte.
All dies wird dazu führen, dass sich mehr Investoren für Emerging-Market-Anleihen interessieren und die Assetklasse zunehmend zum Kerninvestment wird. Länder, die Strukturreformen beherzter umsetzen, werden von Investoren belohnt. In Zukunft wird also stärker zwischen den Einzelwerten differenziert“ so Neithart.
Quelle: Pressemitteilung Capital Group
Die Capital Group mit Sitz in Los Angeles, Kalifornien/USA, ist ein Vermögensverwalter und wurde 1931 gegründet. Das Unternehmen beschäftigt 7.000 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen von 1,4 Billionen US-Dollar (rund 1,26 Billionen Euro). (JF1)