iff: Trotz Wirtschaftswachstums kein Rückgang der Überschuldung
Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff) hat zusammen mit der Stiftung „Deutschland im Plus“ den „iff-Überschuldungsreport 2015“ vorgestellt. Die Untersuchungsreihe erscheint bereits zum zehnten Mal. Eines der Ergebnisse: Trotz nachhaltigem Wirtschaftswachstum, dem damit verbundenen Rückgang der Erwerbslosenzahl sowie die zum vierten Mal in Folge gesunkene Anzahl der Verbraucherinsolvenzverfahren ist kein breiter Rückgang der Überschuldung in Deutschland festzustellen.
So waren im Jahr 2014 rund 3,36 Millionen Haushalte überschuldet – dies entspricht einer Steigerung von 60.000 gegenüber dem Vorjahr. Bei fast drei Viertel aller Privathaushalte wurde einer der großen Sechs („Big Six“) Hauptüberschuldungsgründe angegeben. Dazu zählen Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit (26,8 Prozent), Einkommensarmut (10,5 Prozent), gescheiterte Selbstständigkeit (10,0 Prozent), Scheidung oder Trennung (9,0 Prozent), irrationales Konsumverhalten (8,6 Prozent) und Krankheit (7,7 Prozent).
Trotz des konjunkturbedingten Rückgangs bei der Arbeitslosigkeit ist ein starker Anstieg des Auslösers Einkommensarmut (Vorjahr: 7,3 Prozent) auszumachen. Dies sei ein starkes Indiz dafür, dass eine Verschiebung vom Überschuldungsauslöser Arbeitslosigkeit hin zu Einkommensarmut stattgefunden hat. Im Zuge der positiven Konjunkturentwicklung ergab sich zwar ein Zugewinn an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, diese werfe aber offenbar für viele Menschen nicht genug ab, um ihren Lebensunterhalt vollständig bestreiten zu können.
Erfreulich sei hingegen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf einen positiven Trend hinsichtlich der Überschuldungsbetroffenheit der Bevölkerung in Deutschland hinweisen. Die Arbeitslosigkeit war trotz Zuwanderung weiter rückläufig und die Zahl der Gründungen habe sich erhöht. Mit der positiven Lage am Arbeitsmarkt gehe auch die Entwicklung bei den Eröffnungen von Verbraucherinsolvenzverfahren einher. Trotz der im Jahr 2014 in Kraft getretenen Reform des Insolvenzrechts, die eine verkürzte und beschleunigte Restschuldbefreiung vorsieht, kam es zu einem deutlichen Rückgang der Verbraucherinsolvenzen auf einen fast historisch niedrigen Wert von 84.443 Eröffnungen. Insgesamt warteten im Jahr 2014 rund 700.000 Personen in Deutschland auf Restschuldbefreiung. „Auch wenn die Lage am Arbeitsmarkt nach wie vor sehr solide ist, stecken immer noch viel zu viele Menschen in der finanziellen Krise. Denn Überschuldung ist in Deutschland oftmals verfestigt und nur schwer überwindbar“, fasst iff-Experte Michael Knobloch zusammen.
Quelle: iff
Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff) erstellt seit 2007 den jährlich erscheinenden Überschuldungsreport, der auf einer detaillierten Auswertung von Haushalten, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen, basiert. Der diesjährige iff-Überschuldungsreport beruht auf einer stark vergrößerten Datenbasis von mehr als 50.000 Haushalten in ganz Deutschland. Ausgewertet wurden die anonymisierten Daten von 20 Beratungsstellen in allen 16 Bundesländern. (mb1)