MiFID II: Banken müssen ihre Kräfte bündeln und zu einem Schlussspurt ansetzen
Jede sechste Bank schafft es vermutlich nicht, die Vorgaben der Finanzmarkt-Richtlinie MiFID II pünktlich zum 3. Januar 2018 vollumfänglich umzusetzen. Zum Erhebungszeitpunkt knapp drei Monate vor Ablauf der Frist lag der von der Unternehmensberatung PPI ermittelte „Readiness-Index“, der den Umsetzungsstatus misst, lediglich bei 75 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt wäre ein Sollwert von 94 Prozent erforderlich gewesen, um eine branchenumfassende, fristgerechte Einführung zu gewährleisten. Bei der vorherigen Befragungswelle im Januar 2017 waren noch alle Institute davon ausgegangen, die Frist einhalten zu können. Die sechste Auflage der Bankenstudie „MiFID-II-Readiness - Banken bei der Umstellung auf der Zielgeraden?“ zeigt die Ursachen, die Kostentreiber und Chancen der neuen Regulierung aus Sicht der befragten Vertreter aus Kreditinstituten auf.
Im Jahr 2014 haben EU-Kommission und Parlament die Richtlinie MiFID II beschlossen. Ursprünglich sollte sie zum 1. Juli 2016 in Kraft treten. Umsetzungsschwierigkeiten im Finanzsektor führten zu einer Fristverlängerung um anderthalb Jahre. Dennoch werden 16 Prozent der befragten Banken auch das neu gesetzte Ziel nicht einhalten können. Ein wesentlicher Grund: 88 Prozent der Kreditinstitute haben die Umsetzungsprojekte nach dem Verlängerungsbeschluss zeitweise auf Eis gelegt oder verzögert. Die zusätzliche Zeit wurde somit nicht genutzt, um sich intensiver mit der zum Teil sehr komplexen Umsetzung auseinander zu setzen. „Die Sünden der Vergangenheit holen die Banken jetzt ein“, sagt Christian Appel, Partner bei PPI. „Im Grunde hätte aus den Erfahrungen mit MiFID I noch bekannt sein müssen, wie komplex regulatorische Einführungsprojekte sein können. Nicht zuletzt aufgrund stetiger Konkretisierungen und sukzessiver Finalisierung der regulatorischen Vorgaben müssen die Anforderungen an IT-Systeme und Prozesse immer wieder angepasst werden. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass viele Institute die Beschäftigung mit MiFID II auf die lange Bank geschoben haben. Die Anforderungen wurden beziehungsweise werden jetzt in Hektik noch umgesetzt, teils ohne die zeitliche Möglichkeit weitergehender Analysen, welche Potenziale die neue Richtlinie auch für die eigene Geschäftsstrategie eröffnet.“
Tatsächlich überprüfen zwar sämtliche Kreditinstitute im Rahmen der MiFID-II-Einführung, wie sich die Regularien auf ihre Prozesse und IT auswirken und fast alle (96 Prozent) durchleuchten auch ihre Kundeninformationen und Verträge auf Kompatibilität. Allerdings spielten gerade zentrale strategische Überlegungen - wie die Frage nach neuen strategischen Chancen - nur für vier von fünf Banken eine Rolle. Insgesamt überwiegen aus Sicht der befragten Institute jedoch die negativen Konsequenzen von MiFID II. Nur 16 Prozent der Befragten erkennen neue Geschäftsfelder oder Wettbewerbsvorteile, während 44 Prozent den Wegfall von Einnahmequellen oder eine Einschränkung des Geschäftsmodells beklagen. In allererster Linie stehe MiFID II jedoch im Ruf, das Geschäft zu verteuern, sowohl durch einmalige Kosten im Rahmen der Einführungsprojekte (98 Prozent) als auch durch aufwändige Prozesse im laufenden Betrieb (96 Prozent).
Quelle: Pressemitteilung PPI
Die PPI AG mit Hauptsitz in Hamburg ist seit über 30 Jahren als Beratungs- und Softwarehaus für Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister tätig. (mb1)