"Mumm kompakt": Die besondere Verantwortung der Politik im Umgang mit China
US-Finanzministerin Janet Yellen appellierte am Ende ihres Staatsbesuchs in China sehr deutlich an die Regierung, die Weltmärkte nicht mit billigen Produkten aus hoch subventionierter chinesischer Produktion – vor allem Solarpaneelen, Batterien und Elektrofahrzeugen – zu überschwemmen und stattdessen die Binnennachfrage zu stärken. So heißt es bei „Mumm kompakt“, einer Einschätzung von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel.
Neben chinesischen Importen, die Jobs und Industrien gefährden, sorgt sich die US-Regierung auch um Exporte nach China. So wurde die Lieferung von Hochleistungschips eingeschränkt – mit der Begründung, dass diese zu militärischen Zwecken genutzt werden könnten. China hingegen werfe den USA vor, dessen wirtschaftlichen Aufstieg behindern zu wollen und schränke die Nutzung von US-Produkten und Dienstleistungen sowie die Lieferung wichtiger Rohstoffe ein. Doch die Liste der US-chinesischen Streitthemen gehe weit über wettbewerbs- und handelsrelevante Aspekte hinaus: Darunter ein mögliches Verbot der chinesischen Social Media Plattform TikTok in den USA und fundamentale Uneinigkeiten beim Ukrainekonflikt und in der Taiwanfrage. Es sei offensichtlich, dass diese Themen noch lange Gegenstand der Rivalitäten Chinas und der USA sein werden, denn ganz grundsätzlich gehe es um die Herausforderung der jahrzehntelagen technologischen und wirtschaftlichen Vorherrschaft der USA durch China.
Damit könne man laut Mumm positiv festhalten, dass es nach dem Tiefpunkt der US-chinesischen Beziehungen Mitte 2023 zumindest wieder einen regelmäßigen und ausführlichen Austausch auf verschiedenen Ebenen gibt. So konsultieren sich verschiedene Kabinettsmitglieder, die Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping telefonierten kürzlich und auf militärischer Ebene erfolgen Gespräche über sicherheitsrelevante Aspekte. Die Verhinderung einer Eskalation dürfte in beiderseitigem Interesse sein. Ein andauernder und immer stärkerer Protektionismus, Sanktionen oder gar militärische Auseinandersetzungen hätten auch wirtschaftlich fatale Folgen. Schon heute klagten US-Chipproduzenten über verlorene Marktanteile, fehlende Umsätze und Gewinne aus dem Chinageschäft. In China hingegen werden die staatlich unterstützten Bemühungen verstärkt, um den technologischen Rückstand aufzuholen und weniger abhängig von kritischen Produkten aus der US-Produktion zu sein. Für alle Beteiligten bedeute der Verzicht auf komparative Kostenvorteile internationaler Arbeitsteilung jedoch steigenden Inflationsdruck und den Verlust von Wohlstand. Aufgrund der weiter hohen Abhängigkeiten von China bei Rohstoffen, in der Chemie, Elektronik und bei Medikamenten, sei für Deutschland ein kritischer, aber konstruktiver Austausch wichtig. Mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl Donald Trumps und einer drohenden Verschlechterung des US-chinesischen Verhältnisses bleibe es für Deutschland und Europa auch eine Frage der nationalen Sicherheit. (DFPA/mb1)
Die Donner & Reuschel AG ist eine Privatbank mit Hauptsitz in Hamburg. Das 1798 gegründete Unternehmen gehört seit dem Jahr 1990 zur Versicherungsgruppe Signal Iduna.