NN IP: Wirtschaftswachstum in den Emerging Markets läuft auf Kredit
Laut Maarten-Jan Bakkum, Senior Strategist Emerging Market Equities bei NN Investment Partners, wächst die Wirtschaft in den Schwellenländern seit 2008 vor allem auf Kredit. Stagnierender Welthandel, unzureichende Wettbewerbsfähigkeit und nur minimale Produktivitätszuwächse in zahlreichen Emerging Markets (EM) sowie zunehmende staatliche Eingriffe in die Wirtschaft seien die Hauptgründe, warum Exporte und Investitionen in den letzten Jahren kaum gestiegen seien. Zwar habe die Wirtschaftsleistung zugelegt, doch in erster Linie durch kreditfinanzierte Konsumausgaben. In den aufstrebenden Volkswirtschaften insgesamt sei die Verschuldung im Verhältnis zum BIP von 99 Prozent im Jahr 2008 auf aktuell 125 Prozent gestiegen.
„Im historischen Vergleich ist das eine massive Zunahme, vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich dabei um einen Durchschnittswert handelt. In einigen Ländern, wie Indien, Taiwan und Mexiko, verlief das Kreditwachstum eher moderat. Doch in anderen ist der Verschuldungsgrad deutlich gestiegen. Diese Länder haben jetzt mit schweren Ungleichgewichten zu kämpfen, die den Bankensektor in den kommenden Jahren ernsthaft belasten könnten. Das gilt vor allem für Thailand, Malaysia, Brasilien, die Türkei und China“, so Bakkum.
Das exzessive Kreditwachstum war laut Bakkum nur im Zuge jahrelanger kräftiger Kapitalzuflüsse aus dem Ausland möglich. Aufgrund der ultraniedrigen Zinsen in den USA und Europa sowie der seinerzeit hervorragenden Wachstumsaussichten an den EMs hätten insbesondere in den Jahren 2006 bis 2011 spekulative Investitionen aus dem Ausland Rekordstände erreicht.
Inzwischen hätten sich die Kapitalflüsse jedoch ins Negative gedreht. So hätten Anleger in den vergangenen vier Quartalen über 700 Milliarden US-Dollar von den EMs abgezogen. Grund sei vor allem die Unsicherheit im Hinblick auf die anstehende Zinswende in den USA sowie die Sorge um die Wachstumsentwicklung in China und anderen EMs. „Solange diese Situation anhält, ist das hohe Kreditwachstum der letzten Jahre nicht zu halten. In Thailand hat der Korrekturprozess bereits eingesetzt. Doch in anderen Ländern ignoriert oder unterschätzt man das Problem und lässt den Risiken freien Lauf. Die Türkei ist dabei am stärksten gefährdet. Hier klettert das Kreditwachstum mit einer Rate von 20 Prozent. Das Leistungsbilanzdefizit der Türkei beträgt bereits sechs Prozent des BIP. Am meisten Sorge bereitet indes die Tatsache, dass der türkische Bankensektor sich vor allem mit ausländischem Kapital finanziert. Angesichts der jüngsten Kapitalflucht aus der aufstrebenden Welt und der immensen politischen Unwägbarkeiten in der Türkei könnte die Kapitalaufnahme für türkische Banken bald sehr viel schwieriger werden. Eine einschneidende Korrektur bei der Kreditentwicklung scheint unvermeidbar“, sagt Bakkum.
Quelle: Marktkommentar NN IP
NN Investment Partners (NNIP) ist der Asset Manager der NN Group N.V., einer an der Börse gehandelten Aktiengesellschaft. NNIP hat seinen Hauptsitz in Den Haag, in den Niederlanden und verwaltet weltweit Vermögen in Höhe von circa 203 Milliarden Euro für institutionelle Kunden und Privatanleger. NN IP beschäftigt mehr als 1.100 Mitarbeiter und ist in 16 Ländern in Europa, im Nahen Osten, Asien und den USA vertreten. (JF1)