Stiftungsvermögen benötigen Epochenwechsel durch Diversifikation
Stiftungsziele auf der Ertragsseite zu erreichen stellt Stiftungen und Stiftungsverantwortliche bei der Vermögensanlage vor große Herausforderungen. Dies zu thematisieren war Anliegen des vierten „Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen“, der am 14. Juni 2023 in Heidelberg stattfand. Mehr als 1.000 Stiftungen, Stiftungsverantwortliche sowie Stiftungsinteressierte aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein informierten sich in Heidelberg und parallel im Livestream über Themen rund um das Stiftungsvermögen.
Der Stiftungssektor in Deutschland wächst seit Jahren kontinuierlich. 2022 wurden erstmals mehr als 25.000 Stiftungen gezählt, die über ein geschätztes Stiftungsvermögen von deutschlandweit mehreren hundert Milliarden Euro verfügen. Eine Professionalisierung der Vermögensanlage führt zu höheren Erträgen und damit zu größeren finanziellen Spielräumen bei der Erfüllung der Stiftungszwecke.
„Der Informationsbedarf zu Themen der Kapitalanlage von Stiftungen steigt von Jahr zu Jahr“, sagt Tobias Karow, Initiator und Co-Moderator des vierten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen. „Trotz der Tatsache, dass es wieder Zinsen gibt, kann Stiftungsvermögen nicht mehr länger im Wesentlichen nur in Anleihen angelegt werden. Durch die hohe Inflation werden Stiftungen kalt enteignet. Außerdem kommen sie so dem Diversifikationsgebot nicht nach.“
Mit dem Einstieg in ein Niedrigrenditeumfeld müssten Stiftungen in der Vermögensanlage reagieren: „Die Bedeutung der strategische Asset Allocation für Stiftungen steigt, denn nur dadurch wird das wirtschaftliche Stehvermögen einer Stiftung langfristig erhalten und gestärkt werden können“, so Karow. Private Markets rücken stärker in den Fokus, ebenso die breite Streuung, zu der Aktien, Anleihen und eben auch die Alternativen gehören. Dieser Dreiklang könnte auf Jahre hinaus fest mit einem Grundgerüst in der Veranlagung von Stiftungsvermögen verbunden sein.
Die Stiftungsrechtsreform definiere aus Sicht der Experten mit der „Business Judgement Rule“ einen Haftungsrahmen, der verlange, Handlungen und Entscheidungen am Wohle der Stiftungen auszurichten. „Der Fokus auf Anleihen oder nur nach sicheren Kriterien anzulegen ist nicht zum Wohle der Stiftung, denn dadurch kann das wirtschaftliche Stehvermögen der Stiftung langfristig nicht erhalten werden“, so Karow.
Nur über zwei Assetklassen wie Aktien und Anleihen zu diversifizieren, werde künftig nicht mehr reichen, um die Stiftungsziele auf der Ertragsseite zu erreichen. „Diversifikation im Stiftungsvermögen heißt: über Assetklassen hinweg, über Anlagestile hinweg, über Anlagehäuser hinweg, über Anlageräume hinweg, über Anlagezeitpunkte hinweg“, so das Fazit von Karow aus der Diskussion.
Welche Auswirkungen die Börsenturbulenzen des Jahres 2022 auf die Ausschüttungen der Investmentfonds hatten, war eine der Kernfragen für alle Verantwortlichen für das Vermögen von Stiftungen. „Ausschüttungen, also die ordentlichen Erträge eines Fonds, sind für Stiftungsverantwortliche die wichtigste Maßgabe in der Analyse eines Fonds. Für uns zählt neben der reinen Ausschüttungsrendite vor allem auch der Ausschüttungstrend. Dieser sagt viel über die Konsistenz der Ausschüttungen eines Fonds aus“, sagt Erika Axelsson von fondsfibel.de.
Axelsson analysiert regelmäßig 25 stiftungsgeeignete Fonds aus einem Kosmos von 67 Fonds im Hinblick auf die Entwicklung der Ausschüttungen sowie die der Ausschüttungsrenditen und fasst diese in der #fondsfibel Ausschüttungsdatenbank zusammen. „Wir ziehen aus der Analyse der Leistungsdaten unserer #fondsfibel-Fonds zwei Lehren: Einmal ist das Fondsportfolio einer Stiftung ohne Income-, Aktien- und Alternativ-Bausteine signifikant weniger performant. Deren Ausschüttungspfad ist nach wie vor robust. Zum Zweiten hat das Anlagejahr 2022 sämtliche Performance-Ergebnisse stark nach unten ausfransen lassen. Speziell die Ergebnisse der Defensiv-Bausteine zeigten, dass Stiftungen ihre Kapitalstöcke durch breiter aufgestellte Allokationen resilienter gegenüber so besonderen Marktszenarien wie 2022 machen können“, so Axelsson. (DFPA/AZ)
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