Allianz im Visier der Verbraucherschützer
Die Negativschlagzeilen reißen nicht ab: Nachdem der Bund der Versicherten (BdV) der Allianz vor rund zwei Wochen vorwarf, sie würde falsche Angaben zu dem Neugeschäft mit Tarifen ohne Garantiezins machen, droht nun auch seitens der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) Ärger: Diese schickte dem Versicherungskonzern vor wenigen Tagen eine Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs. Zur Bewerbung der Lebensversicherung „IndexSelect“ nutze die Allianz irreführende Formulierungen, so berichtet EXXECNEWS in der aktuellen Ausgabe vom 6. Juni.
Das Produkt sieht eine Beteiligung an der Wertentwicklung des „Euro Stoxx 50“ vor und verspricht „hohe Wachstumschancen“, wobei das Unternehmen seinen Sparern nur die eingezahlten Beiträge in Summe garantiert. Der Konzern impliziere jedoch durch Werbeaussagen, dass Kunden in voller Höhe mit den Beiträgen am Index partizipieren – allerdings fließen nur etwaige Überschüsse in den Index. Bis zum 10. Juni soll die Allianz nun eine diesbezügliche Unterlassungserklärung unterzeichnen.
Zuvor hatte schon der BdV der Allianz vorgeworfen, falsche Angaben zu dem Neugeschäft mit Tarifen ohne Garantiezins machen. Im Umfeld der Diskussion um eine Absenkung des Höchstrechnungszinses erklärte der Konzern demnach, dass derzeit 90 Prozent des Neugeschäfts auf Tarife ohne Garantiezins entfallen würden. „Die Allianz verbreitet hier wissentlich falsche Zahlen, da sie einen Großteil der Altersvorsorgetarife auch weiterhin mit einem Garantiezins kalkuliert“, erklärt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. So würden zwar nicht die garantierten Gesamtleistungen mittels Garantiezins festgelegt. „Rückkaufswerte oder Rentenhöhen sind jedoch meist immer noch von einem Garantiezins abhängig“, so Kleinlein.
Die neuerlichen Vorwürfe des BdV weist die Allianz zurück: „Wir haben vielfach über unsere Vorsorgekonzepte mit neuen Garantien informiert: Sie ermöglichen durch neue Garantien höhere Renditen, und sie setzen auf Renditechance außerhalb des Garantiezinses, durch chancenorientierte Anlagen, Indexpartizipation oder Fondsanlage – genau darum geht es immer mehr unserer Kunden“, sagt Franz Billinger, Sprecher von Allianz Leben. In der klassischen Lebensversicherung mit ihren konventionellen Garantien sei der Garantiezins ein wesentliches Element; solche konventionellen Garantien schränkten aber Freiheitsgrade in der Kapitalanlage ein und kosten somit Rendite. „Die jetzt kritisierte Kommunikation der Allianz basiert auf der zentralen Frage, ob wir bei den neuen Produkten einen garantierten Zins so wie in der klassischen Lebensversicherung bieten oder nicht. Hier antworten wir direkt, offen und ehrlich, und das werden wir auch weiterhin so tun“, so der Allianz-Sprecher. Und zwar mit „nein“, denn es werden stattdessen neue, alternative Garantien geboten. „Herr Kleinlein spricht in seinem Blog von ,falschen Informationen‘ und ,Lügen‘. Das weisen wir entschieden zurück“, sagt Billinger im Gespräch mit EXXECNEWS.
Auch die Vorwürfe im Streit um die „IndexSelect“ sieht die Allianz als haltlos an: „Der Vorwurf der Irreführung von Verbrauchern ist für uns jedoch in keiner Weise nachvollziehbar. Die Funktionsweise der IndexSelect, insbesondere die der Indexpartizipation, erläutern wir ausführlich und anschaulich in jedem Angebot und den Bedingungen (AVB)“, so äußert sich Billinger auf Anfrage von EXXECNEWS. Das Produkt sei mehrfach positiv bewertet worden, darunter von Marktbeobachtern wie dem IVFP (Institut für Vorsorge und Finanzplanung), und die Resonanz der Vermittler und Kunden sei positiv: Bislang hätten sich 400.000 Kunden für „IndexSelect“ entschieden.
Ob die Allianz die Unterschrift der Unterlassungserklärung verweigert und so einen Rechtsstreit riskiert, bleibt abzuwarten. Der Konzern zog in ähnlicher Konstellation bereits Anfang 2016 den Kürzeren: Damals gewannen die Verbraucherzentrale Hamburg und Bund der Versicherten (BdV) vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen den Konzern. Dieser hatte bei seinen Riester-Verträgen gegen Transparenzregeln verstoßen, so urteilten die Bundesrichter. (MB)