Banken: Unrentable Privatkunden – wer was kostet ist nix wert?
Am 30. März 2015 berichtete die „Welt“ in ihrer Online-Ausgabe, dass niedrige Zinsen und hohe Kosten das klassische Privatkundengeschäft für Banken unattraktiv machen. Nur wenn sich der Kunde für die Bank noch lohne, dürfe er künftig einen umfassenden Service erwarten. So diskutiere die Deutsche Bank, die Schließung von einem Drittel ihrer aktuell 700 Filialen in ganz Deutschland, wobei sie allerdings keinen generellen Rückzug vom Kunden oder aus dem Bild der Innenstädte plane. Zudem werde spekuliert, dass sich der Mutterkonzern komplett von seinen Massenkunden abspalten will, um sich dem profitableren Geschäft mit den Reichen zu widmen.
Nicht nur die Deutsche Bank hegt derlei Pläne, der Trend ziehe sich durch die gesamte Branche. Der Durchschnittskunde werde sich auf eine Zeit mit deutlich weniger Filialen und mehr digitalen Angeboten einstellen müssen – oder zu akzeptieren haben, dass Bankgeschäfte für ihn deutlich teurer werden.
Das Hauptproblem - neben der Tatsache, dass das der Bank anvertraute Geld aufgrund der niedrigen Zinsen keinen Mehrwert für die Bank an sich darstellt, sondern schlimmstenfalls nur einen unrentablen Verwaltungsaufwand bewirkt – ist, dass Kunden sich häufig nicht mehr nur einer Bank anvertrauen. Die Hausbank im klassischen Sinne gäbe es nicht mehr. Kunden suchen nach den günstigsten Angeboten und so kommt es, dass ein Kunde den Autokredit bei Bank A, die Baufinanzierung bei Bank B und das Tagesgeldkonto bei Bank C abschließe. Auf ein über Jahre gewachsenes Vertrauensverhältnis mit dem Berater in der Filiale legen viele Kunden keinen Wert mehr.
Für die Filialbanken sei es dagegen geboten, sich von reinen Konto-Kunden eher abzuwenden. Sie müssten einem Kunden ein margenstarkes Beratungsprodukt verkaufen – also ein Wertpapierdepot, eine Baufinanzierung oder eine Versicherung – damit sich der Aufwand lohne. Lediglich bei Direktbanken seien Einprodukt-Kunden aller Art auch heute noch willkommen. Die Online-Institute könnten mit ihnen besser umgehen, da sie keine Miete für Ladenlokale in der Stadt und Gehälter für die entsprechenden Mitarbeiter bezahlen. Das erhöht den Druck auf die großen Privatbanken, aber auch auf Sparkassen und Volksbanken mit ihren Anlaufstellen weiter.
Alle großen Banken investieren derzeit massiv in die digitalen Kanäle. „Die Filiale bleibt ein zentraler Ankerpunkt zwischen Call Center, Videoberatung und Onlinefiliale“, sagt Ralph Hientzsch, Bankenexperte bei der Unternehmensberatung Consileon. Sie müssten künftig alles bieten, nicht nebeneinander, sondern ineinander verzahnt. Nur dann könne es den Filialbanken möglicherweise gelingen, wieder mehr Privatkunden als tatsächliche Erstbankkunden zu gewinnen und sie stärker gegen Zweitbank- und Drittbankbeziehungen abzuschirmen.
Die HypoVereinsbank (HVB) hat bereits seit zwei Jahren die Videoberatung eingeführt. Dabei hat jeder Kunde einen festen Berater. Dieser Typus sei der Traum einer jeden Bank: Der Kunde will ein Produkt kaufen, an dem die Bank noch Geld verdient, er nutzt dafür einen günstigen Kanal, und er weiß die Beratung zu schätzen.
Es gibt aber auch andere Strategien: Die Düsseldorfer Targobank ist beispielsweise der Meinung, man könne nur einen Emotionalisierung durch Filialen schaffen und eröffnet entgegen des Trends immer neue Anlaufstellen. Aktuell sind es 360, im Jahr 2020 sollen es 400 sein. Eine Filiale gewinne bei Kunden auch in Zukunft immer gegenüber dem Internet, sofern eine gute und faire Beratung geboten werde.