Ergo trennt sich von klassischer Lebensversicherung
Am 6. September 2015 berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Online-Ausgabe, dass die Ergo die Lebensversicherung mit Garantiezins aufgibt. Vorstand Clemens Muth erklärt, warum er sich für eine radikalere Abkehr entschieden hat als viele seiner Mitbewerber. Und er räumt ein, dass bei 300 Großverträgen nachgerechnet werden muss. Ergo-Vertreter werden künftig nur noch sogenannte kapitalmarktnahe Angebote verkaufen. Nur Kunden, die Zehn- oder Hunderttausende von Euro in eine sofort beginnende Rente einzahlen, können noch das Klassikangebot nutzen.
„Warum soll ich als Lebensversicherer Produkte anbieten, von denen ich heute schon weiß, dass sie unprofitabel sind?“, fragt Muth, als Vorstand bei der Ergo für die Lebens- und Krankenversicherung zuständig. „Es ist nicht die Kernaufgabe eines Lebensversicherers, die Zinsrisiken der Politik der Europäischen Zentralbank in seiner Bilanz aufzufangen“, sagt Muth. „Wir sind dafür da, biometrische Risiken wie Berufsunfähigkeit oder Langlebigkeit abzubilden und Sparprozesse zu ermöglichen.“ Muth und seine Kollegen ziehen die Konsequenzen: „Wir werden die klassischen Produkte zum Jahresende für das Neugeschäft weitgehend schließen“, kündigt er im Gespräch mit „Süddeutsche Zeitung“ an.
Der Konzern leidet laut „Süddeutsche Zeitung“ unter hohen Kosten, schrumpfendem Marktanteil, alten Skandalen und IT-Problemen. Am 15. September tritt Markus Rieß seinen Dienst als Vorstandschef in Düsseldorf an, bis April war er Chef der Allianz Deutschland. Er soll die Ergo wieder auf Kurs bringen.
Muth schafft jetzt schon Fakten. Dazu gehört auch die Schließung des Neugeschäfts der Ergo Pensionskasse, die für bestimmte Formen der betrieblichen Altersvorsorge genutzt wird. „Das wird sehr kurzfristig noch im September geschehen.“ Es geht um 254 Millionen Euro Prämie im Jahr - keine Riesensumme, aber die Schließung setzt ein Zeichen. Bei der sonstigen betrieblichen Altersversorgung hat Ergo schon Anfang 2015 alle klassischen Angebote aus dem Regal genommen und durch kapitalmarktnahe Angebote ersetzt.
Auch bei Riester-Verträgen greift Muth durch. Ergo werde sie künftig noch mit einem kapitalmarktnahen Angebot bei der Tochter Vorsorge Lebensversicherung verkaufen. Das soll im Laufe des Jahres 2016 geschehen. „Das klassische Produkt der Ergo Lebensversicherung stellen wir dann ein“, sagt Muth. „Wir wollen die Komplexität reduzieren.“