Infinus-Prozess: Untersuchungshaftdauer unverhältnismäßig?
Am 22. April 2016 meldete die „Sächsische Zeitung“, dass das Sächsische Verfassungsgericht per Beschluss entschieden hat, dass die Haftbeschwerde des angeklagten Ex-Infinus-Managers Andreas Kison (46) berechtigt ist. Kison ist im Rahmen des Betrugsskandal um den Finanzdienstleister Infinus wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Kapitalanlagebetrug angeklagt. Er sitzt ebenso wie vier weitere ehemalige Infinus-Manager seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft.
In dem Beschluss des obersten sächsischen Gerichts heißt es, die jüngsten Beschlüsse des Oberlandesgerichts und Landgerichts Dresden vom Februar 2016 zur Fortsetzung der Untersuchungshaft seien im Fall Kisons verfassungswidrig. Sie verstießen gegen Artikel 16 der Sächsischen Verfassung, in dem es heißt: „Niemand darf grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (...) unterworfen werden.“ Die bisherigen Haftgründe wie Flucht- und Verdunklungsgefahr oder dringender Tatverdacht, so die Verfassungsrichter weiter, würden „den Anforderungen an die Begründungstiefe nicht gerecht“. Zudem sei eine ausreichend fundierte „Verhältnismäßigkeitsprüfung“ unterlassen worden. Das Sächsische Verfassungsgericht verweist zudem darauf, dass bei einer maximalen Straferwartung von bis zu siebeneinhalb Jahren die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaftdauer besonders begründet werden muss.
Anfang April hatte die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dresden durchblicken lassen, Kison drohe eine Strafe von fünf Jahren. Für den bereits im Februar 2014 aus der U-Haft entlassenen Buchhalter von Infinus seien fünfeinhalb Jahre, für den Hausjuristen der Firmengruppe sechs, für die zwei Vertriebschefs je sieben und für den Gründer Jörg Biehl neun Jahre möglich.
Nun muss das Oberlandesgericht neu entscheiden; die Erfolgsaussichten Kisons sind nach Angaben seines Verteidigers Michael Stephan „ganz gut“, so die „Sächsische Zeitung“. (JF1)