Lebensversicherte erleben ein böses Erwachen
Am 22. Februar 2015 berichtete die Welt in ihrer Online-Ausgabe, dass viele der Lebensversicherten feststellen müssen, dass sich die Renditeversprechen, die bei Vertragsabschluss gemacht wurden, nicht erfüllen. Dieses Manko habe ein vergleichsweise hoher Marktzins lange Zeit einigermaßen kaschiert. Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank aber legt das Problem jetzt offen. „Jetzt wird die Sache für viele Verbraucher erst offensichtlich, weil die Sparrenditen im negativen Bereich landen", sagt der Verbraucherschützer Axel Kleinlein, Präsident vom Bund der Versicherten.
Wer vor 20 oder 30 Jahren einen Vertrag unterschrieb, wurde mit jährlichen Renditen von sieben Prozent und mehr gelockt. Solche Erträge ließen sich damals tatsächlich mit Staatsanleihen erzielen.
Die größten Verkaufsschlager der Vermittler waren kapitalbildende Lebensversicherungen oder kurz Kapitallebensversicherungen. In den Verkaufsgesprächen wurde vor allem Wert auf das Wort „kapitalbildend“ gelegt. Das Wort „Versicherung“ kam oft zu kurz, erst recht der Hinweis, dass eine Versicherung zusätzlich Geld kostet. Kunden gingen folglich davon aus, dass sie ein Sparprodukt erwarben. Allerdings nimmt Kleinlein hier auch die Kunden in die Verantwortung. Um eine Lebenspolice müsse man sich kümmern und verstehen, was man abschließt. „Bei einer Kapitallebensversicherung hätte schon damals jeder sehen können, was ihm tatsächlich garantiert wird. Kaum jemand hat gefragt“, sagt Kleinlein.
Jedoch sei es auch keine Lösung, jetzt einfach zu kündigen – selbst wenn der Vertrag noch einige Jahre läuft. Gerade bei Verträgen aus den 1990er-Jahren ist der damals gewährte Garantiezins von 3,5 Prozent, ab Mitte 1994 gab es sogar vier Prozent, schlicht zu kostbar. Heute sind es nur noch 1,25 Prozent. Eine Lösung könnte sein, zwar nicht ganz zu kündigen, aber keine Beiträge mehr zu zahlen. Gerade bei Kombiprodukten, etwa mit eingebauter Berufsunfähigkeitsversicherung, biete sich das unter Umständen als Weg an. Denn wenn der Kunde den Vertrag kündige, sei auch der Schutz gegen Berufsunfähigkeit weg. Und ob die Kunden es noch einmal durch die Gesundheitsprüfung schaffen, ist fraglich.
Neuabschlüsse hingegen sehen Verbraucherschützer generell kritisch. „Lebensversicherungsprodukte sind nur sinnvoll, wenn man durchhält – ansonsten: Finger weg!“, sagt Kleinlein. Nicht einmal jeder zweite Versicherungskunde hält die gesamte Laufzeit durch.Kleinlein empfiehlt, alle Bausteine getrennt voneinander zu kaufen: Berufsunfähigkeitsversicherung, Todesfallschutz, Sparprodukt. „Das bringt jedem Kunden eine maximale Flexibilität, wenn sich die Lebensplanung ändert.“