Schifffahrtsbranche muss bezüglich Finanzierung umdenken
Am 3. August 2015 berichtete die „Welt“ in ihrer Print-Ausgabe, dass die Schiffsbranche nach der Finanzkrise 2008 neue Finanzierungsquellen sucht. Vor der Krise finanzierten die Reedereien ihre Schiffe hauptsächlich über das sogenannte „KG-Modell“ - Einlagen von tausenden Anlegern in Schiffsfonds, kombiniert mit Bankkrediten sicherten so den Bau von neuen Frachtern. Aufgrund großer Verluste durch die Krise meiden Privatanleger heute den Schiffsmarkt. Auch Banken wie beispielsweise die HSH Nordbank reduzieren aufgrund rechtlicher Auflagen der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Kreditportfolios in der Schifffahrt drastisch.
Um vom sich erholenden Schiffsmarkt - bessere Auslastung, geschrumpfte Flotten, stabiles Wachstum - zu profitieren, zeigt sich die Hamburger Traditionsreederei Rickmers Holding nun offen für neue Investoren. Im Juni firmierte die einstige Kommanditgesellschaft (KG) in eine Aktiengesellschaft (AG) um, in der Hoffnung das Unternehmen für institutionelle Anleger, also neben Banken und Versicherungen vor allem für Investmentfonds, attraktiver zu machen. Der Reeder Bertram Rickmers hält die Ausrichtung am internationalen Kapitalmarkt für unabdingbar, um den Bestand seiner derzeit insgesamt 110 Tochtergesellschaften unter dem Dach der Rickmers Holding zu sichern. Die „Welt“ zitiert Ignace Van Meenen, Vorstandsvorsitzender der Rickmers Holding: „Die deutschen Reedereien kommen gar nicht umhin, sich neu aufzustellen. Es geht heutzutage um erheblich höhere Kapital- und Investitionssummen als früher. In solcher Größenordnung mitarbeiten zu können, bedeutet, einen langen Weg der Neuaufstellung zu gehen.“
Laut einer Mitte Juli 2015 veröffentlichten Studie des Unternehmensberaters Pricewaterhouse Coopers (PwC), für die 98 deutsche Unternehmen der Seeschifffahrt befragt wurden, geht die Branche davon aus, dass die deutsche Schifffahrtsindustrie mittelfristig weit stärker von ausländischen Kapitalgebern finanziert sein wird und, dass die klassische Finanzierung der Reedereien durch ihre Hausbanken weiter an Bedeutung verliert. Allerdings sei das Misstrauen speziell gegenüber den oft als „Heuschrecken“ bezeichneten Investmentfonds in der traditionell geprägten deutschen Schifffahrt hoch.