Weiterer Prozessbeginn im Wölbern-Komplex
Mit zwei Rechtsanwälten sowie einem früheren Generalbevollmächtigten der Wölbern Invest müssen sich drei weitere Beschuldigte im sogenannten Wölbern-Komplex vor dem Landgericht Hamburg verantworten, berichtet der Juve-Verlag am 7. September 2017. Den Angeklagten wird Beihilfe zu Untreuetaten des im Jahr 2015 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilten Heinrich Schulte, Ex-Chef von Wölbern Invest, vorgeworfen. Einer der Anwälte soll sich zudem selbst wegen Untreue strafbar gemacht haben.
Im vergangenen Oktober waren die drei Beschuldigten verhaftet und wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen worden. Die beiden Anwälte zählten in Diensten der Sozietät Bird & Bird zu den Beratern des Emissionshauses Wölbern Invest. Während ein zwischenzeitlich ausgeschiedener Bird & Bird-Partner bis heute in Untersuchungshaft sitzt, wurden ein Bird & Bird-Counsel und der ehemalige Generalbevollmächtigte gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Im April hatte Staatsanwalt Heyner Heyen die Beschuldigten angeklagt, im August wurde die rund 150-seitige Anklage zugelassen und der Prozessbeginn auf Anfang September terminiert. Ob der Prozess am 8. September beginnt sei aber zweifelhaft. Geplant ist das Verlesen der Anklage, zudem sollen die Angeklagten Gelegenheit erhalten, sich einzulassen. Beobachter rechnen mit Anträgen der Verteidigung, um eine Haftverschonung für den 72-jährigen Ex-Partner zu erreichen.
Den Verlauf des Strafprozesses gegen die Anwälte verfolgen Beobachter auch mit Blick auf zivilrechtliche Auseinandersetzungen. Rund 30 Fonds sowie Insolvenzverwalter Tjark Thies hatten Bird & Bird sowie beide Anwälte und einen seinerzeit in der Kanzlei ebenfalls als Berater beteiligten früheren Partner – gegen den jedoch keine strafrechtlichen Vorwürfe erhoben werden – auf Schadensersatz von mehr als 130 Millionen Euro verklagt.
Schulte hatte bis 2013 aus Geschlossenen Immobilienfonds der Wölbern-Gruppe Liquidität in Höhe von mehr als 147 Millionen Euro abgeschöpft. Das Geld leitete er auf sein Privatkonto weiter oder verwendete sie zur Unterstützung von Gesellschaften im In- und Ausland, an denen er entweder beteiligt war oder denen er als Geschäftsführer vorstand. Die Angeklagten sollen Schulte bei der Verschleierung des illegalen Geldabflusses geholfen haben. Darüber hinaus sollen der Bird & Bird-Counsel und der ehemalige Generalbevollmächtigte gegen ihre Pflichten als Rechtsberater und Aufsichtsratsvorsitzender verstoßen und es Schulte so ermöglicht haben, Anlegergelder in Höhe von 47,5 Millionen Euro widerrechtlich abzuschöpfen. Bereits im Strafprozess gegen Schulte hatten dieser und seine Verteidiger im Jahr 2014 betont, dass die Bird & Bird-Anwälte eine wesentliche Rolle für die Entscheidungen im Umgang mit Fondsgeldern gespielt und in der Beratung elementare Pflichten verletzt hätten. (TS1)