Besonderheiten bei DLT-basierten Token aus rechtlicher Sicht
Die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) revolutioniert den Finanzmarkt und bietet innovative Möglichkeiten zur Emission und Verwaltung von Finanzanlagen in Form von Token. Finanzunternehmen, die diese Technologie nutzen möchten, müssen jedoch eine Vielzahl technischer und rechtlicher Besonderheiten im Blick behalten und Anleger über damit verbundene Risiken aufklären. Hier sind die wichtigsten Aspekte aus anwaltlicher Sicht, die technikaffine Emittenten und Finanzintermediäre berücksichtigen sollten.
Derzeitige technische Besonderheiten
1 Sicherheitslücken: DLT-Systeme sind attraktiv für Cyberangriffe. Schwachstellen im Code der Blockchain oder des Smart-Contracts können zu Hacks und dem Verlust von Token führen. Beispiel: DAO-Hack. Investitionen in erstklassige Sicherheitslösungen und regelmäßige Sicherheitsaudits sind unerlässlich.
2 Netzwerkstabilität: Netzwerkausfälle oder Überlastungen können die Stabilität des DLT-Netzwerks beeinträchtigen. Dies könnte den Zugang zu Token einschränken und die Handelbarkeit beeinträchtigen, also Notfallpläne und robuste Netzwerkarchitekturen essenziell.
3 Interoperabilität: Viele DLT-Plattformen sind nicht kompatibel, was die Integration und Übertragung von Token erschwert.
4 Forks: Änderungen im Protokoll einer Blockchain können zu einer Spaltung in zwei Ketten führen, was Unsicherheit und Instabilität verursacht. Die Nutzung von Blockchains, die klare Governance-Strukturen zur Vermeidung und Verwaltung von Forks haben, bringt Vorteile.
Zukünftige technische Risiken
1 Technologische Entwicklung: Die rasante Entwicklung der Technologie könnte bestehende DLT-Systeme schnell veralten lassen. Investitionen in und die Bereitschaft auf neue Technologien zu migrieren, führen zu Folgekosten.
2 Quantencomputing: Fortschritte im Quantencomputing könnten aktuelle kryptografische Sicherheitsmechanismen bedrohen. Investitionen in quantensichere Algorithmen sind erforderlich.
3 Regulatorische Anpassungen: Neue regulatorische Anforderungen könnten technische Anpassungen und Investitionen notwendig machen. Flexibilität und proaktive Anpassung an regulatorische Änderungen sind wichtig, um Compliance sicherzustellen.
Rechtliche Besonderheiten
1 Wahl des Aufsichtsregimes: Es gibt mindestens drei verschiedene Klassen von DLT-basierten Token mit unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen. Nicht optimale Ausgestaltung kann zu Mehrkosten führen, wie z.B. die Pflicht zur Vorhaltung von Eigenmitteln für Emittenten. Emittenten von vermögenswertreferenzierten Token (ART) müssen mindestens 350.000 Euro oder zwei Prozent ihres Reservevermögens als Eigenmittel vorhalten.
2 Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG): DLT-basierte Token in Form von Wertpapieren müssen den Vorschriften des eWpG entsprechen. Dies beinhaltet die Einhaltung der Anforderungen an das elektronische Wertpapierregister und die Pflicht zur Einbindung regulierter Finanzintermediäre. Transparenzvorgaben erfordern die Offenlegung relevanter Informationen, um Anleger zu schützen und Vertrauen zu stärken.
3 Kryptowerte nach MiCAR: MiCAR wird einheitliche Regeln für den EU-Kryptomarkt außerhalb des MiFID-Regimes einführen. Kryptowerte-Emittenten und Dienstleister für solche Token müssen die MiCAR-Zulassungsanforderungen erfüllen, einschließlich Registrierung bei zuständigen Behörden und Einhaltung spezifischer Anforderungen. MiCAR bringt umfassende Offenlegungspflichten mit sich, um Transparenz und Anlegerschutz zu gewährleisten.
4 Sonstige kryptografische Instrumente: Deutschland wird die Regulierung von Krypto-Dienstleistern und Emittenten außerhalb der MiFID- und künftigen MiCAR-Strukturen verschärfen. Handelsplattformen, Verwahrstellen und andere Dienstleister im nicht EU-rechtlich regulierten Krypto-Asset-Bereich müssen die Anforderungen des KWG erfüllen, einschließlich finanzieller Solidität und ordnungsgemäßer Geschäftsorganisation. Emittenten kryptografischer Instrumente benötigen möglicherweise eine Erlaubnis. Nichteinhaltung kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.
5 Risiken bei der Nutzung von Permissioned Blockchains für Smart Contracts: Permissioned Blockchains bieten zwar mehr Kontrolle bei regulatorischen Vorgaben, aber auch weniger Transparenz als öffentliche Blockchains. Dies könnte das Vertrauen der Anleger beeinträchtigen, die eine offene und nachvollziehbare Transaktionshistorie erwarten. In einer permissioned Blockchain haben nur ausgewählte Teilnehmer Schreibrechte, was dem Gedanken der Dezentralisierung widerspricht und ein rechtlich relevantens Risiko darstellt. Smart Contracts auf permissioned Blockchains können komplex und schwer zu auditieren sein, was bei Fehlern im Code zu erheblichen finanziellen Verlusten führen kann.
6 Pflichten für Emittenten und Finanzunternehmen: Emittenten müssen sicherstellen, dass ihre DLT-basierten Token den geltenden Vorschriften zum Vertrieb entsprechen, insbesondere den Vorschriften des eWpG und der MiCAR. Umfassende Offenlegungspflichten dienen der Transparenz und dem Anlegerschutz. Neben MiCAR und den Wertpapier-Vorschriften müssen Finanzunternehmen die Vorgaben des Digital Operational Resilience Act (DORA) zur Stärkung ihrer digitalen operativen Resilienz umsetzen. Regelmäßige Updates und Audits der technologischen Infrastruktur sind unerlässlich.
Fazit
Durch die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften und die Berücksichtigung der technischen Besonderheiten können Emittenten und Finanzintermediäre das Potenzial von DLT-basierten Token ausschöpfen und gleichzeitig deren Akzeptanz bei Anlegern steigern. Eine enge Zusammenarbeit mit rechtlichen Beratern und technischen Experten ist erforderlich, um sicherzustellen, dass alle relevanten Anforderungen erfüllt werden und die Integrität der DLT-basierten Token gewährleistet ist.
Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS Ausgabe 11 erschienen.
Rechtsanwalt Dr. Matthias Gündel ist Geschäftsführer der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei GK-law.de. Er berät zu Tokenisierung, STOs, Kryptoanlageprodukten und DLT-aufsichtsrechtlichen Anforderungen.