Aufklärungspflicht über Innenprovisionen bei Vermittlung von Eigentumswohnung als Kapitalanlage
Mit seiner Leitsatzentscheidung vom 23. Juni 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass die Pflicht eines Anlagevermittlers oder Anlageberaters zur Aufklärung über Innenprovisionen von mehr als 15 Prozent auch bei der Vermittlung einer Kapitalanlage in Form einer Eigentumswohnung besteht. Die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers des Anlageberaters besteht unabhängig davon, ob die Kapitalanlage mittels eines Prospekts vertrieben wird oder nicht (Aktenzeichen: III ZR 308/15).
Nach ständiger Rechtsprechung des 3. Zivilsenates des BGH hat ein Anlagevermittler/Anlageberater den Erwerber einer von ihm vermittelten Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese 15 Prozent des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen. Dies wiederum stelle einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand dar, dass der Anlageinteressent darüber informiert werden muss.
Diese Rechtsprechung gelte unabhängig davon, welche Kapitalanlage vermittelt wird - insbesondere gelte sie auch für die Vermittlung von Kapitalanlagen in Form einer Eigentumswohnung. Auch bei Eigentumswohnungen lassen Vertriebsprovisionen von über 15 Prozent auf eine geringere Werthaltigkeit schließen, weshalb die Gewährung derartiger Provisionen einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand darstellt, über den aufgeklärt werden muss, so der BGH in seiner Leitsatzentscheidung.
Dies stehe auch nicht in Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach der Verkäufer einer Immobilie grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Interessenten über die Zahlung einer Innerprovision an den von ihm beauftragten Vertrieb aufzuklären, wenn das Objekt nicht mittels eines Prospekts vertrieben wird, sondern durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels. Die Erwägungen, die für die Verneinung der Aufklärungsplicht des Verkäufers maßgeblich seien, gelten für die Aufklärungspflicht des Anlageberaters oder Anlagevermittlers nicht.
Die Pflichten eines Anlagevermittlers/Anlageberaters aus dem Vertragsverhältnis mit dem Anleger unterscheiden sich grundsätzlich von den Pflichten eines Verkäufers gegenüber dem Käufer. Anlagevermittler/Anlageberater sind nicht Vertragspartner des Kaufvertrags. Die ihnen obliegenden Aufklärungspflichten ergeben sich nicht als Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag oder einem zusätzlich zwischen den Parteien des Kaufvertrags bestehenden Beratungsvertrag. Die Aufklärungspflichten ergeben sich laut BGH vielmehr aus dem selbstständig zwischen dem Anlageberater/Anlagevermittler und dem Anleger bestehenden Vertragsverhältnis, woraus diese dem Anleger eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände schulden, die für dessen Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind.
Die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ist laut BGH für die Anleger von besonderer Bedeutung, weshalb über Umstände wie Innenprovisionen von über 15 Prozent, die Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage eröffnen, aufgeklärt werden muss. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wurde. Die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen bestehe unabhängig davon. Der Anlageberater/Anlagevermittler ist zur vollständigen und richtigen Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. (JF1)
Quelle: Urteil des BGH vom 23. Juni 2016 (Aktenzeichen: III ZR 308/15)