Portfolioverwaltung: BGH legt Auslegungsfrage dem EuGH vor
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Revisionsverfahren über die Frage zu entscheiden, ob Annahme und Übermittlung eines Auftrags zur Portfolioverwaltung eine Wertpapierdienstleistung im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) darstellen und in der Konsequenz Vermittler einer Vermögensverwaltungsvollmacht einer Erlaubnis nach § 32 KWG bedürfen. Da die Entscheidung über diese Rechtsfragen von der Auslegung der Finanzmarktrichtlinie MiFID I abhängt, wurde das Verfahren von Amts wegen ausgesetzt (Beschluss vom 10. November 2015; Aktenzeichen VI ZR 556/14), um eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) einzuholen.
Der Kläger hat einen mit der Beklagten geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag widerrufen und begehrt im Zusammenhang mit der durch die Beklagte erbrachten Anlageberatung und -vermittlung Rückzahlung gezahlter Raten und Schadenersatz. Die Beklagte verfügt nicht über eine § 32 KWG-Lizenz. Die Klage war zunächst durch das Landgericht als unbegründet abgewiesen worden. In der Berufungsinstanz erklärte der Kläger die Klage nach Erhalt einer Teil-Rückzahlung in dieser Höhe für erledigt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück. In der Revisionsinstanz verfolgt der Kläger sein Begehren – Zahlung sowie im Übrigen Feststellung der Erledigung – weiter.
Die Frage der Erlaubnispflicht ist umstritten und bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellt ein Vermögensverwaltungsvertrag ein Geschäft über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten dar - die Vermittlung ist damit gemäß § 32 KWG erlaubnispflichtig. Es sei nicht zwingendes Erfordernis, dass der rechtliche Erwerb des Finanzinstruments unmittelbar durch die Vermittlung bewirkt werde. Diese Rechtsansicht wird auch durch zwei erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsentscheidungen gestützt.
Herrschende Auffassung in der Literatur ist dagegen, dass die Vermittlung von Vermögensverwaltern nur dann erlaubnispflichtig ist, wenn diese sich auf ein konkretes, Finanzinstrumente beinhaltendes Geschäft bezieht.
Sollte der EuGH in seiner Vorabentscheidung die Vermittlung eines Portfolioverwaltungsvertrags als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Finanzmarktrichtlinie ansehen, so hätte die Revision des Klägers Erfolg. Das Berufungsgericht hätte einen Anspruch aus § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 32 Absatz 1 KWG auf der Grundlage seiner bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht verneint.
Sieht der EuGH die Vermittlung eines Portfolioverwaltungsvertrages dagegen nicht als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Finanzmarktrichtlinie an, so hätte das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Absatz 2 in Verbindung mit §32 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 KWG zu Recht verneint. Die Revision wäre in diesem Fall zurückzuweisen.
Quelle: News-Service Gündel und Katzorke Rechtsanwälte
Die Gündel & Katzorke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Göttingen ist eine unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei. (JF1)