BVZL sieht Verfassungswidrigkeit bei geplanter Besteuerung gebrauchter Lebensversicherungen
Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags hat dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines „Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ zugestimmt. Eine wichtige Änderung betrifft dabei auch „gebrauchte“ Lebensversicherungen. Nach einem Verkauf sollen die Auszahlungen bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr steuerfrei sein.
Der Fachbereich Steuern & Recht des Bundesverbandes Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL) sieht eine mögliche Verfassungswidrigkeit, sollte der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form vom deutschen Bundestag verabschiedet werden. Der Gesetzentwurf beinhaltet auch eine Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG): Die Steuerbefreiung für Todesfallleistungen aus Lebensversicherungspolicen entfällt in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige Ansprüche aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag entgeltlich erworben hat. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass im Falle des Erwerbs „gebrauchter“ Lebensversicherungen nicht mehr die Risikovorsorge im Vordergrund steht, für die das Privileg der Steuerbefreiung ursprünglich geschaffen wurde. Vielmehr stehe in diesem Fall die Renditeerwartung des Policenkäufers im Vordergrund. Daher sei eine Besteuerung der Differenz zwischen Versicherungsleistung und bezahltem Kaufpreis zuzüglich selbst geleisteter Prämien als Kapitaleinkünfte gerechtfertigt. Allerdings änderten die Koalitionsfraktionen den Entwurf noch einmal ab, so dass keine Steuerpflicht bei Übertragungen im Zusammenhang mit Scheidungen oder Nachlässen entsteht.
Dieser Rechtsposition schließt sich der BVZL grundsätzlich an. Allerdings soll die neue Besteuerungssystematik gemäß § 52 Abs. 29 EStG auf alle Versicherungsleistungen anwendbar sein, die aufgrund eines nach dem 31. Dezember 2014 eingetretenen Versicherungsfalles ausgezahlt werden. Hier ergeben sich aus Sicht des BVZL verfassungsrechtliche Bedenken für Altfälle, das heißt, der Erwerb der Lebensversicherungspolice erfolgte bereits vor Kenntnis bzw. Umsetzung der geplanten Gesetzesänderung.
Die Bedenken des BVZL basieren auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Juli 2010 (Aktenzeichen: 2 BvR 748/05). Das Bundesverfassungsgericht bestätigt in diesem Beschluss, dass die rückwirkende Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von 25 Prozent auf zehn Prozent verfassungswidrig ist und somit die bis zum Zeitpunkt der Verkündung des Steuerentlastungsgesetztes 1999/2000/2002 am 31. März 1999 entstandenen stillen Reserven nicht der Besteuerung unterliegen dürfen, soweit sie im Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor geltenden Rechtslage hätten steuerfrei veräußert werden können. Insofern besteht ein Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen.
Der Leiter des BVZL-Fachbereiches, Dr. Robert Wenninger, sieht dabei vor allem die Tatsache, dass die Anwendung auf Fälligkeitsleistungen und nicht auf Kaufzeitpunkte weiter besteht, äußerst kritisch. Der BVZL empfiehlt daher zur Vermeidung einer Verfassungswidrigkeit eine Anwendung der neuen Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 7 und 8 EStG auf Fälligkeitsleistungen aus „gebrauchten“ Lebensversicherungen, deren Erwerb nach dem 31.12.2014 erfolgt ist.
Quelle: Pressemitteilung BVZL
Der Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen e.V. (BVZL) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und Dienstleistern, die sich weltweit in Lebensversicherungszweitmärkten engagieren, mit Sitz in München. Der Verband mit derzeit 30 nationalen und internationalen Mitgliedern fungiert seit seiner Gründung im Mai 2004 als eine einheitliche Interessenvertretung in wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Fragen. (jpw1)