Crowdfunding bleibt umstritten
Alternative Finanzierungsformen wie die Schwarmfinanzierung (Crowdfunding), für die auch soziale Netzwerke im Internet genutzt werden, bleiben umstritten. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung geplanten Kleinanlegerschutzgesetz forderten Vertreter der Branche bessere Ausnahmeregelungen als von der Regierung in ihrem Entwurf vorgesehen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband warnte dagegen im Zusammenhang mit Crowdinvestments vor „Sonderregelungen für einen Anlagetyp, der sich in Teilen bereits als problematisch erwiesen hat“. Auch Rechtsanwalt Peter Mattil befasste sich kritisch mit dem Crowdfunding. Mattil verwies auf negative Erfahrungen mit geschlossenen Fonds: „Inwieweit die Internet-Plattformen sich in seriöser Weise davon abheben, bedarf der genauen Beobachtung.“ Es gebe keinen Grund, die Ausnahmen zu erweitern. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die Spitzenorganisation der deutschen Banken und Sparkassen, warnte davor, Crowdfunding dem Anleger- und Verbraucherschutz überzuordnen. „Aus Anlegersicht handelt es sich bei Crowdfunding um ein Hochrisikoinvestment, bei dem ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals drohen kann“, hieß es. Banken und Sparkassen forderten auch, dass Finanzanlagenvermittler genauso wie Bank-Mitarbeiter von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) überwacht würden. Wie die Bundesregierung in der Begründung des Entwurfs schreibt, haben Anleger erhebliche Verluste erlitten, „indem sie in Produkte investierten, die nur einer eingeschränkten Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterlagen. Die eingetretenen Vermögensschäden beruhten auch auf der fehlerhaften Annahme der Anleger, hohe Renditen könnten ohne Risiko erreicht werden.“
Als Konsequenz aus den Vorfällen in der Finanzbranche sollen Anlageprospekte nur noch zwölf Monate und nicht mehr unbegrenzt gültig sein. Anbieter von Nachrangdarlehen und ähnlichen Produkten sollen ebenfalls verpflichtet werden, einen Prospekt zu erstellen. Da solche Darlehen aber auch beim Crowdinvestment sowie bei sozialen und gemeinnützigen Projekten zur Finanzierung eingesetzt werden, soll es hier einige Ausnahmen von der Prospektpflicht geben. Werbung für Vermögensanlagen im öffentlichen Raum (zum Beispiel in Bussen und Bahnen) soll nicht mehr zulässig sein. In Printmedien bleibt sie erlaubt, wird aber eingeschränkt. Diese Werbeeinschränkungen zeigen nach Ansicht des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft „eine falsche Anordnung von Werbung im Entscheidungsprozess der Verbraucher“. Werbung ersetze nicht die nachhaltige Befassung mit dem beworbenen Produkt. Der Verband befürchtet, dass die geplanten Werbeverbote die Finanzierung von Start-ups erheblich erschweren oder sogar praktisch unmöglich machen würden.
Auch die in der Höhe der Anlagesummen begrenzten Ausnahmen für Crowdinvestments (eine Million Euro) wurden kritisiert. Professor Lars Klöhn (Ludwig-Maximilians-Universität München) wies darauf hin, dass allein für die Finanzierung eines Windrades schon drei Millionen Euro notwendig werden könnten. Tobias Riethmüller, Gründungsmitglied von German Crowdfunding Network, sprach außerdem von Abgrenzungsproblemen bei den Ausnahmebestimmungen. Die GLS-Bank warnte in ihrer Stellungnahme vor einer Entwicklung, die es Vereinen und Genossenschaften erschwere, Nachrangdarlehen von ihren Mitgliedern entgegenzunehmen.
Positiv äußerte sich die Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner. Der Entwurf enthalte Maßnahmen, mit denen Fälle wie Prokon verhindert werden sollten. Bei dem in Konkurs gegangenen Windanlagenbauer und -Betreiber hatten 75.000 Anleger rund 1,4 Milliarden Euro in Genussrechte investiert. Kritisch betrachtet wurde von der Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner die Mindesthaltedauer von zwei Jahren. Die wirtschaftliche Realität sei eine andere, zum Beispiel bei Zwischenfinanzierungen. Lobend äußerte sich auch Professor Andreas Oehler (Universität Bamberg). Der Entwurf gehe grundsätzlich in die richtige Richtung, aber die Trennung der Regulierung eines weißen und eines grauen Kapitalmarktes sei längst überholt und obsolet, weil nicht bedarfsgerecht.
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag
Der Deutsche Bundestag ist für die Gesetzgebung auf Bundesebene zuständig. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt die Kontrolle der Regierung, die Festlegung des Bundeshaushalts und die Wahl des Bundeskanzlers. (mb1)