Finanzgericht Münster: Keine pauschale Steuerpflicht bei Scheinerträgen
Grundsätzlich sieht das deutsche Steuersystem eine Steuerpflicht bei Scheinrenditen vor - also auch bei Erträgen, die betrogenen Anlegern nie ausgezahlt wurden - und/oder verweigert die steuerliche Anerkennung der Verluste. Allerdings verlangt das Finanzgericht Münster (Aktenzeichen: 4 K 3365/14E) diesbezüglich eine differenzierte Betrachtungsweise.
Im zugrunde liegenden Fall erwarb ein Anleger Anteile an drei mit Rapsöl betriebenen Blockheizkraftwerke der GFE/Nürnberg für insgesamt 156.187,50 Euro. Dieser Betrag wurde fremdfinanziert. Für die beiden ersten Blockheizkraftwerke übernahmen Tochtergesellschaften der GFE per „Verwaltungsvertrag“ und „Premium Service Vertrag“ umfangreiche Dienstleistungen gegenüber Behörden und Unternehmen in Zusammenhang mit der Aufstellung, Genehmigung und Sicherung des Betriebs. Der Anleger sollte 1/12 vom voraussichtlichen Jahresüberschuss von 40 Prozent des Nettokaufpreises im ersten Jahr als monatliche Zahlung erhalten und einmal im Jahr sollten die gewerblichen Einkünfte aus den Kraftwerken, für die der Anleger ein Gewerbe anmeldete, abgerechnet werden („Modell I“). Beim dritten Kraftwerk verpachtete der Anleger diese für eine anteilig monatlich auszuzahlende Jahrespacht von 27.000 Euro für zehn Jahre an die GFE, der der Ertrag aus dem Energieverkauf zustand („Modell II“). Allerdings handelte es sich dabei um ein sogenanntes Schneeballsystem. Die Kraftwerke wurden nie geliefert und über das Vermögen der Gesellschaft wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Finanzamt forderte vom Anleger die geltend gemachte Vorsteuer zurück und qualifizierte die Einkunftsarten um: Statt Einkünften aus Gewerbebetrieb beim „Modell I“ handele es sich unter anderem aufgrund der umfangreichen Dienstleistungsverträge um ein partiarisches Darlehen und Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG), bei der Verpachtung („Modell II“) um Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 7 EStG, mit der Folge, dass Aufwendungen wie beispielsweise die Darlehenszinsen aufgrund des Werbungskostenabzugsverbotes nicht berücksichtigt wurden. Für eigene, zurückgeflossene Provisionen bei Kauf der Kraftwerke und „Pachterträge“ forderte das Finanzamt zusätzliche weitere Steuern ein.
Laut Finanzgericht Münster habe der Kläger „zwar zu keinem Zeitpunkt einen werbenden Gewerbebetrieb in Vollzug gesetzt. (…) Wäre das Vorhaben allerdings nach Maßgabe der Vertragsabreden umgesetzt worden, wäre der Tatbestand eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG erfüllt gewesen, zumal auch Vorbereitungshandlungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebseröffnung stehen, bereits den Einkünftetatbestand des § 15 EStG auslösen können.“ Auch die umfassenden Dienstleistungsverträge hindern nicht. Mithin bleibt die steuerliche Anrechnung (negativer) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhalten.
Beim „Modell II“ hat das Finanzgericht zwar die Einstufung als (die Werbungskosten nicht anrechnende) Einkünfte aus Kapitalvermögen verworfen, stuft die Verpachtungstätigkeit aber als „sonstige Einkünfte“ gemäß § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG ein. Somit sind sie nur verrechenbar.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (JF1)
Quelle: Newsletter Kapitalmarkt intern