Keine Verjährungshemmung durch unsubstantiierte Mustergüteanträge
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. Juni 2015 (Aktenzeichen: III ZR 189/14; 191/14; 198/14 und 227/14) entschieden, welche Anforderungen an Güteanträge zu stellen sind, die zur Hemmung der Verjährung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB führen. Das Ergebnis ist für viele Kläger ernüchternd, denn damit erweist sich eine große Zahl derzeit laufender Klagen von Kapitalanlegern als unbegründet.
Vorliegend verlangten die Kläger von dem beklagten Finanzdienstleistungsunternehmen unter dem Vorwurf der fehlerhaften Kapitalanlageberatung Schadensersatz. Den Klagen lagen Beteiligungen an Geschlossenen Immobilienfonds aus den Jahren 1999 und 2001 zugrunde. Die Frist für die Verjährung der Schadensersatzansprüche betrug gemäß § 195 BGB alte Fassung zunächst 30 Jahre. Seit dem 1. Januar 2002 gilt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB jedoch eine maximale Verjährungsfrist von zehn Jahren, die hier mit Ablauf des 2. Januar 2012 endete (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB neue Fassung). Zum Zweck der Hemmung der Verjährung reichten die jeweiligen Kläger im Dezember 2011 Güteanträge bei einer Gütestelle in Freiburg/Breisgau ein. Diese im Wesentlichen inhaltsgleichen Güteanträge gehen auf vorformulierte Mustergüteanträge zurück, die Anlegern von einer Anwaltskanzlei zur Verfügung gestellt worden waren. Dem Vernehmen nach haben mehrere tausend Anleger hiervon (oder von ähnlichen Musteranträgen) Gebrauch gemacht. Diese Fälle sind Gegenstand von laufenden Zivilprozessen in verschiedenen Gerichtsinstanzen.
Der BGH bewertet die verwendeten (Muster-)Güteanträge als ungenügend. Laut dem obersten Gericht haben Güteanträge in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Der Güteantrag muss für den Gegner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten. Diesen Anforderungen genügten die Mustergüteanträge, die in den vorliegenden Fällen verwendet wurden, nicht. (JF1)
Quelle: Pressemitteilung BGH