OLG Frankfurt: Aufklärungspflicht über anfänglichen negativen Marktwert eines Swaps
Mit Urteil vom 12. März 2015 hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main festgestellt, dass eine Bank auch bei Swapgeschäften, die zu Absicherungszwecken abgeschlossen wurden, über einen anfänglichen negativen Marktwert aufzuklären hat (Aktenzeichen: 16 U 228/13). Im konkreten Fall muss die Bank einem Kunden den entstandenen Schaden in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro ersetzen.
Gegenstand des Verfahrens waren ein Zinssatzswap auf den Referenzzinssatz Euribor (Euro InterBank Offered Rate) und ein Währungsswap auf der Basis des Schweizer Franken. Die Bank hatte zulasten des Kunden einen anfänglichen negativen Marktwert in die Swapgeschäfte strukturiert. Sie hatte argumentiert, sie müsse im vorliegenden Fall über diesen nicht aufklären, weil es für diese Swapgeschäfte einen Kredit als Grundgeschäft gegeben habe. Die Swapgeschäfte seien daher „konnex“ gewesen und hätten nur der Absicherung gegen steigende Zinsen gedient. In dem Jahr, in dem es zum Abschluss der Swapgeschäfte gekommen ist, plante der Kunde, dessen Geschäftsgegenstand unter anderem die Bauprojektentwicklung ist, den Umbau einer Liegenschaft mit einem Investitionsvolumen von fünf Millionen Euro.
Das OLG Frankfurt folgte der Argumentation der Bank nicht. Vielmehr sei entscheidend, dass die Anfangschancen für den Kunden durch den anfänglichen negativen Marktwert geringer waren als für die Bank. Und die Bank, die das Produkt strukturiert hat, verfüge, so das Gericht, über den Wissensvorsprung, der ihre Integrität im Verhältnis zum Anleger gefährdete (Interessenkonflikt).
Zur Begründung führte das Gericht an, dass die Bank auch in einem solchen Fall eine Doppelrolle innehabe. Sie strukturiere einerseits das Produkt und bringe es gleichzeitig im Rahmen des sogenannten „Makro Hedging“ in ihre Strategie zum Risikomanagement und zur Vermeidung von Eigenkapitalunterlegung ein. Dabei seien die strukturbildenden Faktoren für den Kunden bei Verschweigen des negativen Marktwertes nicht transparent. Denn zum einen bedürfe es tatsächlich komplexer finanzmathematischer Bewertungen, um die Anfangschancen des Produkts vor allem im Hinblick auf die Prognosen zur weiteren Entwicklung zutreffend zu erfassen. Zum anderen könne die Bank nur dann gewinnbringende Hedginggeschäfte schließen, wenn die dort agierenden Marktteilnehmer die Ertragschancen für sie als Anbieterin der im Makro-Hedging zusammengefassten Positionen günstiger bewerten, als dies für die Kunden der Fall ist.
Das OLG Frankfurt erkannte eine Aufklärungspflichtverletzung unabhängig davon, ob ein Beratervertrag zustande gekommen sei. Die Aufklärungspflicht bestehe auch als Nebenpflicht aufgrund der Empfehlung des eigenen Produkts im Rahmen der Finanzdienstleistung. Das Verschulden der Bank werde vermutet und für den Kunden spreche die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Der Schaden ergebe sich aus einer Saldierung der gegenseitigen Zahlungen.
„Im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 20. Januar 2015 hat das OLG Frankfurt zwar die Revision zugelassen, gleichwohl macht das Urteil auch den Kunden Hoffnung, die Swapgeschäfte in erster Linie zur Zinsabsicherung von Krediten abgeschlossen haben“, kommentiert Rechtsanwalt Franz Josef Lederer von der auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei Rössner Rechtsanwälte in München.
Quelle: Pressemitteilung Eurojuris Deutschland e.V.
Die Rössner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft ist eine auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei mit Sitz in München. Sie ist Mitglied im Eurojuris Deutschland e.V., einem 1990 gegründeten Anwaltsnetzwerk, dem 80 kleine und mittelständische Rechtsanwaltskanzleien angehören. (jpw1)