Prospekthaftung: Spezialgesetzliche Verjährungsfristen haben Vorrang
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat mit Beschluss vom 13. Januar 2016 (Aktenzeichen: 23 Kap 1/14) das Verhältnis von spezialgesetzlicher zu allgemeiner Prospekthaftung geklärt. Der Kläger machte in einem Musterverfahren nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (KapMuG) gegenüber der Beklagten unter anderem geltend, dass der von der Beklagten für den Vertrieb der Investmentfondsanteile erstellte Verkaufsprospekt unrichtig und unvollständig sei. Insbesondere sei nicht über das Risiko der Aussetzung der Rücknahme der Anteile belehrt worden. Er begehrte unter anderem festzustellen, dass daraus resultierende Schadensersatzansprüche noch nicht verjährt sind.
Vorliegend erwarb der Kläger im April 2008 Anteile an einem von der Beklagten nach den Bestimmungen des mittlerweile aufgehobenen Investmentgesetzes (InvG a.F.) aufgelegten Offenen Immobilienfonds. Infolge der Finanzkrise kam es ab Oktober 2008 zu einer Schieflage des Fonds und massenhaft zu Rücknahmeverlangen einschließlich eines starken Liquiditätsabflusses. Deshalb wurde die Rücknahme der Fondsanteile durch die Beklagte ausgesetzt. In der Folgezeit konnte auch durch Veräußerung von Immobilien nicht genügend Liquidität generiert werden, so dass die Rücknahme von Anteilen wiederum ausgesetzt wurde und der Fonds schließlich abgewickelt wurde.
Das OLG wies das klägerische Feststellungsbegehren hinsichtlich der längeren Verjährungsfristen zurück. Die Bestimmungen des § 127 InvG a.F. enthalten eine Privilegierung zugunsten der Beklagten, die bei der Anwendung allgemeiner zivilrechtlicher Haftungsgrundsätze unterlaufen werden würde. Dies gelte auch bei der Anwendung der Regelverjährungsfristen. Demnach ist bei der in Rede stehenden Konstellation die kurze Verjährungsfrist des InvG a.F. -Verjährung in einem Jahr ab Kenntnis der Unrichtigkeit/Unvollständigkeit, spätestens jedoch drei Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages über die Investmentfondsanteile - entscheidend. Damit entschied das OLG eine seit langem umstrittene Frage zugunsten des Vorrangs der spezialgesetzlichen Haftungsregelung. Diese Ansicht des OLG Frankfurt wird laut Rechtsanwaltskanzlei Gündel & Katzorke auf die Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) übertragbar sein.
Quelle: Pressemitteilung Gündel & Katzorke
Die Gündel & Katzorke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Göttingen ist eine unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei. (JF1)