EU-Regulierung des Crowdfundings: „Ein überaus wichtiger Baustein für uns“
Crowdfunding-Plattformen arbeiten künftig unter dem Reglement der Europäischen Gemeinschaften und mit der neuen ECSP-Lizenz, der behördlichen Zulassung als Schwarmfinanzdienstleister. Welche Erfahrungen wurden damit gemacht, wie wirken sich die EU-Regeln aus und welche neuen Schritte werden sie gehen, wollte EXXECNEWS von bedeutenden Crowdfunding-Plattformen wissen. Hier sind ihre Antworten:
EXXECNEWS: Welche Bedeutung hat die ECSP-Lizenz für Ihr Haus?
Markus Kreuter, Geschäftsführer der Zinsbaustein GmbH, Berlin: Der Erhalt der ECSP-Lizenz ist für uns ein überaus wichtiger Baustein. Durch die ECSP-Lizenz sind wir eine durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) lizenzierte Plattform – und können uns damit zum weißen, also vollständig regulierten, Kapitalmarkt zählen. Es ist für uns einer der wichtigsten Meilensteine seit unserer Gründung.
Patrick Hartmann, Geschäftsführer EPH Investment GmbH, Hamburg einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft von Exporo AG, Hamburg: Den Erhalt der ECSP-Lizenz als Nr. 2 in Deutschland erachten wir als wichtigen Baustein für uns. Damit festigen wir unseren Anspruch, im Rahmen des regulierten Kapitalmarktes ein wichtiger Plattform-Anbieter zu sein.
Marc Laubenheimer, Vorstandsvorsitzender der EV Digital Invest AG, Berlin: Mit der Lizenz können wir auf die steigende Nachfrage nach flexiblen Finanzierungsmöglichkeiten reagieren und neben klassischen Nachrangdarlehen jetzt auch Senior- und Whole Loans anbieten. Darüber hinaus beschleunigt die ECSP-Lizenz erheblich die Finanzierungsprozesse des Unternehmens. Finanzierungsanfragen können zukünftig voraussichtlich zügiger bearbeitet werden. Außerdem dürfen erfahrene Investoren nun erheblich mehr als die bisher regulatorisch maximal erlaubten 25.000 Euro investieren.
Marc Speidel, Geschäftsführer der OneCrowd Securities GmbH, Dresden: Bei diesem Thema stehen wir in regelmäßigem Austausch mit unserem Haftungsdach, der Effecta GmbH. Aktuell hat die ECSP-Lizenz für unser Unternehmen aber keine Bedeutung, da unsere Anlagenvermittlungen nicht als Schwarmfinanzierungsdienstleistungen im Sinne der ECSP-VO zu behandeln sind.
Andreas Zederbauer, CEO & Co-Founder der dagobertinvest gmbh, Wien: Die ECSP-Lizenz hebt Crowdfunding auf ein neues Level. Durch die neuen Regelungen haben wir unser Geschäftsmodell deutlich erweitert und vermitteln als einzige österreichische, auf Immobilien spezialisierte Plattform Kreditverträge mit folgenden Merkmalen: Anleger haben einen unbedingten Rückzahlungsanspruch. Anleger haben Sicherheiten. Anleger haben einen Inkassodienst, der ihre Ansprüche durchsetzt. Das qualifizierte Nachrangdarlehen ist bei uns Geschichte. In den neuen Verträgen ist die Rückzahlung zum Laufzeitende unbedingt fällig. Zusätzlich zum unbedingten Rückzahlungsanspruch kommen Sicherheiten zur Anwendung.
EXXECNEWS: Welche Wirkung haben ECSP-Lizenzen auf das Image von Crowdfunding-Plattformen?
Kreuter: In der ECSP-Verordnung sind zahlreiche Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation der lizenzierten Plattform verankert. Damit steigt die Qualität der agierenden Plattform im Crowdfunding-Bereich erheblich. Dies kann durchaus Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung von Crowdfunding-Plattformen haben, da diese Anforderungen insbesondere einer Verbesserung des Verbraucherschutzes dienen. Letztlich zahlt es aber am stärksten auf das Image der jeweiligen ECSP-lizenzierten Plattform ein.
Hartmann: Grundsätzlich begrüßen wir die weitere Professionalisierung der Crowdfunding-Branche. Hier trägt die ECSP-Lizenz sicherlich bei.
Laubenheimer: Mit der ECSP-Lizenz und dem damit einheitlichen Rechtsrahmen auf EU-Ebene wird eine Stärkung des Anlegerschutzes ermöglicht. Darunter fällt die Kenntnisprüfung der Anleger sowie weitere Anforderungen an die Plattformbetreiber, unter anderem im Bereich Risikomanagement und Beschwerdeverfahren. Die Lizenz stellt ein Gütesiegel für die Erfüllung strenger Anforderungen an Transparenz, Risikomanagement und Governance der europäischen und nationalen Regulatoren dar.
Zederbauer: Aufgrund der strengeren Regulierung durch die Finanzmarktaufsicht der jeweiligen Länder, wird einerseits der Anlegerschutz erhöht, aber auch die Möglichkeiten in der Vertragsgestaltung der, zu vermittelten, Kredite vielfältiger. Speziell in Krisenzeiten haben nationale Plattformen, die sich weiterhin im Rahmen des Alternativfinanzierungsgesetz in Österreich und dem Kleinanlegerschutzgesetz in Deutschland bewegen, mit dem qualifizierten Nachrangdarlehen kaum Möglichkeiten in der Beitreibung von Forderungen, wenn ein Immobilienprojekt in Schieflage gerät.
EXXECNEWS: Hat die Möglichkeit des europaweiten Angebotes aufgrund einer ECSP-Lizenz Bedeutung für Ihr Haus und inwiefern?
Kreuter: Ja, die Möglichkeit des europaweiten Angebotes hat für uns große Bedeutung. Die europäische Erweiterung unserer Geschäftsaktivitäten ist bereits jetzt Bestandteil unserer Geschäftsstrategie und wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Hartmann: Wir konzentrieren uns derzeit auf den deutschen Markt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt auch den Schritt nach Europa gehen. Dafür bietet die ECSP-Lizenz eine gute Absprungbasis.
Laubenheimer: Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt und damit bedeutenden paneuropäischen Wachstumsmöglichkeiten hat für unser Haus eine starke Bedeutung. In einem ersten Schritt fokussieren wir uns auf den österreichischen Markt und haben dafür bereits alle Rahmenbedingungen geschaffen.
Zederbauer: In den 90er Jahren haben die österreichischen Banken den CEE-Markt erobert. Das machen wir jetzt als Vermittler von Mezzanine Kapital. In den CEE-Ländern gibt es derzeit noch keine auf Immobilien im DACH-Raum spezialisierte Plattform, die unter der ECSP-Lizenz arbeitet. So werden wir unser Geschäftsmodell auf die Märkte in CEE ausrollen. Noch im Februar startet der Markteintritt in Tschechien. Die Erweiterungspläne sehen für 2024 weiters den Markteintritt in der Slowakei und in Polen vor. Danach sollen in 2024/2025 Joint Ventures in Slowenien, Kroatien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien folgen.
Der Beitrag erschien zuerst in EXXECNEWS 05/2024.